BFC zwischen Bangen und Hoffen

FUSSBALL: Kommt ein Retter aus der Schweiz? / Wo spielt der frühere DDR-Rekordmeister in der nächsten Saison?

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.
Seit dem 1. November läuft gegen den DDR-Rekordmeister BFC Dynamo ein Insolvenzverfahren. Trotz des damit verbundenen Zwangsabstiegs aus der NOFV-Oberliga Nord hoffen die Anhänger weiterhin auf eine sportliche Zukunft ihres Vereins. Allerdings kann im Moment niemand sagen, in welcher Spielklasse der BFC im nächsten Sommer aufläuft: in der Verbandsliga (fünfthöchste Spielklasse) oder womöglich sogar in der Kreisliga E (12. Liga). Im besten Falle könnte es sogar noch mit der Viertklassigkeit in der Oberliga klappen. Seit November ist Insolvenzverwalter Dr. Philipp Hackländer gewissermaßen der »Spielführer«. Seine neuesten Zahlen, die nach wochenlanger Berechnung der Gläubiger-Ansprüche jetzt auf dem Tisch liegen, verheißen nichts Gutes. Demnach sind für die erfolgreiche Bewältigung des Insolvenzverfahrens rund 220000 Euro nötig. Kleiner Haken: Der größte Teil davon (200000 Euro) müsste noch vor der Erstellung eines Insolvenzplanes beim Insolvenzverwalter zur Tilgung der »privilegierten Masseverbindlichkeiten«, wie es im Amtsdeutsch heißt, hinterlegt werden. Dieses Geld würde in voller Höhe an jene Spieler und Angestellte des Vereins gehen, deren Verträge nach der Kündigung durch den Insolvenzverwalter wegen der Kündigungsfristen teilweise bis Ende Februar 2002 weiterlaufen. Erst dann könnten die restlichen 20000 Euro auf die 144 Insolvenzgläubiger verteilt werden. Im besten Falle könnte das Verfahren innerhalb von vier Wochen abgeschlossen werden. Doch wer stellt diese Summen zur Verfügung? Die Sponsorengruppe um den früheren BFC-Präsidenten, den Berliner Bauunternehmer Volkmar Wanski, die Ende Oktober durch die Bereitstellung von 30000 Mark überhaupt erst die Einleitung des Insolvenzverfahrens ermöglichte, schrecken diese Zahlen ab. Wanski will ersten Aussagen zufolge (»Ich werde einen Teufel tun«) auf keinen Fall die Gehälter von Spielern und Funktionären übernehmen, die zum 1. November gekündigt worden sind, aber auf Grund der Kündigungsfristen noch drei Monate bezahlt werden müssen. Dabei dürfte Wanski besonders eines wurmen, dass die Sponsorengruppe in letzter Konsequenz auch Wanskis Intimfeind Hans Reker entlohnen müsste. Dem ehemaligen Sportdirektor wird in erster Linie wegen fataler Misswirtschaft der Niedergang des zehnfachen DDR-Meisters angelastet. In der Berliner Wirtschaft und Politik hat der BFC Dynamo derzeit nur wenig Steine im Brett. Das könnte zum einen natürlich an der schwachen Konjunktur, zum anderen am Erscheinungsbild des Klubs in der Öffentlichkeit liegen. Das Interims-Präsidium mit André Sommer und Rayk Bernt stößt wegen deren Zugehörigkeit zur zwielichtigen und in etlichen Prozessen verwickelten Rockergang »Hells Angels« auf großen Widerstand. Die permanente Flaute in der Kasse des BFC könnte für den Traditionsverein langfristig noch immer das totale Aus bedeuten. Findet sich kein potenter Geldgeber, würde das Insolvenzverfahren normal in drei Jahren abgewickelt werden. Damit sinken die Chancen des BFC auf die Zugehörigkeit in einer höheren Klasse auf Null. Zumindest der harte Kern der Anhänger will sich nicht mit dem langsamen Tod des Klubs zufrieden geben. Die Treuesten forschen selbst nach Sponsoren. Das derzeitige Aushängeschild des Vereins, die in der Landesliga spielende zweite Mannschaft, kämpft um den Klassenerhalt. Die Stars dieses besseren Junioren-Teams sind Coach Mario Maek und sein Co-Trainer Bodo Rudwaleit, einst Torhüter beim DDR-Meister. Das Duo soll den Kader für die angestrebte Verbandsliga-Saison zusammenstellen. Maek, selbst einer der Insolvenzgläubiger, sind die Hände gebunden. Denn wegen der Konkursgefahr darf der Verein keine Verträge abschließen. Die beiden Haudegen zogen mangels Spielermasse bei Hallenturnieren und Freundschaftsspielen der letzten Wochen selbst noch einmal das Trikot über. »Doch das soll kein Dauerzustand werden«, so Rudwaleit. Der 33-fache DDR-Nationalspieler hat noch Hoffnung für die Zukunft. Aber nach den vielen leeren Versprechungen der Vergangenheit glaubt er daran erst, wenn alles in Sack und Tüten ist. Insofern lassen ihn auch Meldungen über mögliche Hilfe aus dem Ausland relativ kalt. Einer der vermeintlichen Retter ist der Schweizer Albert Koller. Der 39-Jährige ist Kommunikationsberater. Auf dem Gebiet des Fußballs hat er als Sanierungsbeauftragter mit dem FC Luzern (1998 - 2000) und Young Boys Bern (2000) zwei Vereinen aus ähnlich bedrohlichen Finanzlagen geholfen. Koller bringt zwar selbst kein Geld ein, preist dafür aber sein Wissen über Insolvenzverfahren. Noch hat sich Koller, der keine falschen Erwartungen wecken möchte, nicht für eine Mithilfe bei der Sanierung des BFC entschieden. Seiner Ansicht nach wären Sponsoren für die Oberliga leichter als für die Verbandsliga zu finden. Möglicherweise könnte die Fusion mit einem anderen Oberligaverein das Erfolgsrezept sein. Unter den acht Berliner Viertligisten gibt es mit den Reinickendorfer Füchsen und dem Berliner AK 07 mindestens zwei Kandidaten, die aus finanziellen Gründen einen Rückzug aus der Oberliga zum Sommer wohl nicht ganz ausschließen. Doch ob sie mit einer Fusion einverstanden wären, erscheint eher fraglich. Ein schwacher Trost bleibt jedoch allen Dynamo-Anhängern in diesen schweren Zeiten: Egal, was passiert, die Traditionself des BFC Dynamo wird nach Auskunft ihres Organisat...

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