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Grenzwertige Hanfpolitik
Brandenburgs Parlament beschließt, die Nutzung der Pflanze zu erleichtern
Wenn das Wort Hanf fällt, werden bei einigen die Augen leuchten, wusste der Landtagsabgeordnete Johannes Funke (SPD). Aber er müsse die daran geknüpften Erwartungen enttäuschen. Es gehe heute im Parlament nicht um Cannabis mit berauschender Wirkung, sondern ausschließlich um den Nutzhanf als Industrierohstoff. Dieser Nutzhanf sei »nicht rauchbar, aber brauchbar«, meinte Funke.
52 Sorten sind in der Bundesrepublik zum Anbau zugelassen, auf 5362 Hektar wächst er hier. Der Landtag beschloss am Mittwochnachmittag, durch eine Reihe von Aktivitäten die wirtschaftlichen und ökologischen Potenziale des Nutzhanfs in Brandenburg auszuschöpfen. Angestrebt ist dabei auch, die aktuellen THC-Grenzwerte bei der Zulassung von Saatgut neu zu bewerten. Tetrahydrocannabinol (THC) ist Auslöser der berauschenden Wirkung von Cannabis. Die oppositionelle Linke wollte den von den Koalitionsfraktionen SPD, CDU und Grüne eingereichten und dann auch beschlossenen Antrag so abändern, dass gar nicht lange um den heißen Brei geredet, sondern beim Bund gleich auf eine Anhebung des THC-Grenzwerts gedrungen wird.
Der Abgeordnete Thomas Domres (Linke) verwies zur Begründung auf die höheren Grenzwerte in anderen europäischen Staaten. »Die Schweizer sind ja auch nicht gleich high, wenn sie mal einen Hanftee trinken«, argumentierte er. Aber in Deutschland laufe ein Teehändler Gefahr, wie ein Drogendealer behandelt zu werden.
Der Vorstoß der Linksfraktion fand indes keine Mehrheit. Sozialdemokrat Funke sagte ganz ausdrücklich und sichtlich entrüstet, so etwas könne er nicht mittragen. Der Abgeordnete Ingo Senftleben (CDU) berichtete, er habe bei den Beratungen über den Nutzhanf etwas dazugelernt: Hanf sei eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Ohne Hanffasern für Seile und Tuch hätte Christoph Kolumbus nicht die Segel setzen können, um 1492 Amerika zu erreichen. Es gebe nur Argumente für den Antrag der Koalition und keine dagegen. »Am Ende eint uns das Ziel, wenn auch nicht der Weg«, versicherte CDU-Politiker Senftleben in Richtung Linksfraktion.
Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Hanf in Brandenburg in bedeutendem Umfang angebaut, erst danach verdrängt, weil sich synthetische Fasern wie Nylon und Dederon durchsetzten. Seit der Bundestag 1996 das Betäubungsmittelgesetz änderte und den Anbau zumindest einiger Sorten von Hanf damit zuließ, befindet sich die Pflanze wieder auf dem Vormarsch. Sie ist sehr gut an die klimatischen Bedingungen und den Boden in Brandenburg angepasst. Hanf findet beispielsweise für Textilien sowie als Dämmstoff und Verpackungsmaterial Verwendung und dient genauso zur Auspolsterung des Innenraums von Autos.
Er sei auch »ein guter Ersatz für Holz in der Papierherstellung«, sagte die Abgeordnete Isabell Hiekel (Grüne). Außerdem habe Hanf einen »superguten ökologischen Fußabdruck«. Er hat eine negative CO2-Bilanz.
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