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Sport frei nach Corona

Brandenburg solle ein Jahr die Vereinsbeiträge für Kinder bezahlen, fordert der Landessportbund

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit ehrgeizigen Vorhaben will die brandenburgische Sportjugend die in der Coronazeit entstandenen Defizite kompensieren. Unklar ist allerdings noch, ob sich die dafür notwendigen Freiwilligen finden lassen.

Robert Bosch von der Brandenburgischen Sportjugend verkündete daher im Bildungsausschuss des Landtags das Ziel, im Sommer 3000 Kindern das Schwimmen beizubringen und 4500 Kindern das Sportabzeichen abzunehmen. In einem gewässerreichen Land wie Brandenburg sei es besonders gefährlich, wenn Tausende Kinder nicht schwimmen könnten, erklärte er. Diese Situation sei eingetreten, weil Schwimmhallen im Lockdown geschlossen waren. Die Sportjugend nehme sich in Absprache mit dem Landesschwimmverband vor, in Zwei-Wochen-Kursen das Leben dieser Kinder sicherer zu machen. Das solle in Hallen, Freibädern oder auch an Badestellen der Seen geschehen.

Allerdings weiß derzeit niemand, ob sich die freiwilligen Helfer finden, die eine solche Ausbildung übernehmen können. »Wir wissen nicht, wie viele Übungsleiter zum Start wieder da sein werden«, sagte der Vorstandsvorsitzende des Landessportbunds, Andreas Gerlach. Er rechne zwar nicht mit Wellen von Abwanderungen bei den Übungsleitern, doch müsse man davon ausgehen, dass der eine oder die andere sich zwischenzeitlich etwas anderes gesucht haben. Anderthalb Jahre lang habe nirgends ein Sportbetrieb in geregelter Form stattfinden können. Mitgliedergewinnung sei in dieser Zeit praktisch unmöglich gewesen, erklärte Gerlach. Und nicht alles, was aus- und weggefallen sei, könne wieder aufgeholt werden.

Um das Sportleben wieder in Gang zu setzen, stünden alle Beteiligten vor anspruchsvollen Aufgaben. Mit Verweis auf einen Plan der Bundesregierung zur Zeit nach Corona sagte Gerlach, dort tauche das Wort »Sport« nur einmal auf, aber nicht bei der Verteilung von finanziellen Ressourcen. »Das ist ein bedenkliches Zeichen.«

Vor allem Straßensportprojekte und Reisen der Sportjugend seien in den vergangenen anderthalb Jahren wegen der Schließung der Jugendherbergen ausgefallen oder konnten nur in äußerst beschränktem Umfang stattfinden, berichteten die Sportfunktionäre. Um ihre Trainerlizenzen zu erhalten, müssen Übungsleiter an Fortbildungen teilnehmen. Doch ist in Pandemiezeiten mehr als die Hälfte davon ausgefallen.

Im vergangenen Coronajahr, als die Sporthallen und -plätze lange gesperrt waren, hat sich die Zahl der Sport treibenden Kinder bis zum Alter von sechs Jahren um zwölf Prozent verringert, die der Kinder im Alter zwischen 7 und 14 Jahren um 4,2 Prozent. Das nannte Robert Bosch besorgniserregend. Wenn Kinder ein Jahr lang keinen Sportunterricht hatten und auch nicht im Verein Sport treiben konnten, dann »haben sie auf jeden Fall Defizite«, sagte Bosch.

Andreas Gerlach schlug vor, das Land solle ein Jahr lang für Kinder den Vereinsbeitrag übernehmen beziehungsweise ihn direkt an die Vereine überweisen. Das wäre ein gutes Mittel, das Sportleben für Kinder und Jugendliche wieder anlaufen zu lassen. Die Gesamtkosten für eine solche Geste bezifferte Gerlach auf zehn Millionen Euro.

Der Landtagsabgeordnete Daniel Keller (SPD) hält diese Idee für bedenkenswert. Und die Abgeordnete Kathrin Dannenberg (Linke), die von Beruf Sportlehrerin ist, sagt: »Wir wissen alle, wie dringend Kinder und Jugendliche Bewegung brauchen, die sie in den vergangenen Monaten nicht hatten.« In diesem Bereich könne man gar nicht zu viel Geld ausgeben.

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