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Qual einer Hochzeitsnacht
Ian McEwan: »Am Strand«
Mitunter möchte man fast das Buch beiseite legen, so sehr tun einem die jungen Leute leid. Nicht zu helfen ist ihnen, wie sie sich quälen mit der Herausforderung ihrer Hochzeitsnacht. Sie wähnt ihn erfahren, was er nicht ist. Er sieht sie lasziv, später schimpft er sie frigide. Da ist natürlich schon alles hoffnungslos vorbei zwischen den beiden, die so tiefe Gefühle füreinander hegten.
»Spannend wie ein Thriller und gleichzeitig ergreifend«, so wirbt der Verlag für den neuen Roman von Ian McEwan. Nun, der Begriff Thriller passt natürlich nicht. Vielleicht ist es auch kein Roman, sondern eine Erzählung, eine, die in ihrem Ton sogar ein wenig altmodisch wirkt - passend zur Handlung. Die Wirkung kommt auch aus der Verwunderung, dass heutige sexuelle Offenheit eben noch gar nicht so lange das Übliche ist. Im Juli 1962 verhalten sich zwei Menschen so, wie man es sich im 19. Jahrhundert vorgestellt hätte. Florence, Geigerin aus gutem Hause, und Edward aus schwierigeren Verhältnissen, aber geisteswissenschaflich hoch gebildet, sind aufgebrochen in einen Freiraum, den sie mit ihren Hoffnungen füllen. Und sie scheitern. An der Prüderie ihrer Erziehung? Nein, eigentlich daran, dass sie diese Prüderie von einem Moment auf den anderen ablegen sollen.
1962 war Ian McEwan 14 Jahre alt. Was sechs, acht Jahre Altersunterschied mitunter für eine Bedeutung haben! Mit 20 war er ein 68er. Es scheint, als ob er eine Geschichte ausmalt, von der er hörte und der er zugleich, wie nebenbei, einen deutlich akzentuierten zeitgeschichtlichen Hintergrund gibt. Da macht der Ton die Musik, dieses Gemisch aus Komik, Ironie, Traurigkeit, Bitterkeit und sogar Nostalgie. Wie die beiden jungen Leute sich beim Kerzenschein-Dinner in ihrem Hotelzimmer unsicher gegenübersitzen, wissen sie nicht, dass sie in sich auch einen Schatz zu hüten haben, dass etwas Besonderes um sie ist. Dazu im Gegensatz die detaillierte, minutiöse Beschreibung dessen, was folgt. Was Florence dabei fühlt und was Edward, der Autor weiß es und lässt den Leser in aller Genauigkeit daran teilhaben, was recht widersprüchliche Gefühle auslöst. Man schüttelt sozusagen lächelnd den Kopf, während die zwei sich mühen und letztlich etwas Tragisches geschieht. »Das Bett ächzte klagend«, und wie gesagt, ich wollte mich schon wegdrehen, damit Florence und Edward sich endlich so verhalten können, wie sie selber es wollen und nicht wie eine ominöse Gesellschaft es von ihnen in diesem Moment verlangt.
Ian Mc Ewan: Am Strand. Roman. Aus dem Englischen von Bernha...
»Spannend wie ein Thriller und gleichzeitig ergreifend«, so wirbt der Verlag für den neuen Roman von Ian McEwan. Nun, der Begriff Thriller passt natürlich nicht. Vielleicht ist es auch kein Roman, sondern eine Erzählung, eine, die in ihrem Ton sogar ein wenig altmodisch wirkt - passend zur Handlung. Die Wirkung kommt auch aus der Verwunderung, dass heutige sexuelle Offenheit eben noch gar nicht so lange das Übliche ist. Im Juli 1962 verhalten sich zwei Menschen so, wie man es sich im 19. Jahrhundert vorgestellt hätte. Florence, Geigerin aus gutem Hause, und Edward aus schwierigeren Verhältnissen, aber geisteswissenschaflich hoch gebildet, sind aufgebrochen in einen Freiraum, den sie mit ihren Hoffnungen füllen. Und sie scheitern. An der Prüderie ihrer Erziehung? Nein, eigentlich daran, dass sie diese Prüderie von einem Moment auf den anderen ablegen sollen.
1962 war Ian McEwan 14 Jahre alt. Was sechs, acht Jahre Altersunterschied mitunter für eine Bedeutung haben! Mit 20 war er ein 68er. Es scheint, als ob er eine Geschichte ausmalt, von der er hörte und der er zugleich, wie nebenbei, einen deutlich akzentuierten zeitgeschichtlichen Hintergrund gibt. Da macht der Ton die Musik, dieses Gemisch aus Komik, Ironie, Traurigkeit, Bitterkeit und sogar Nostalgie. Wie die beiden jungen Leute sich beim Kerzenschein-Dinner in ihrem Hotelzimmer unsicher gegenübersitzen, wissen sie nicht, dass sie in sich auch einen Schatz zu hüten haben, dass etwas Besonderes um sie ist. Dazu im Gegensatz die detaillierte, minutiöse Beschreibung dessen, was folgt. Was Florence dabei fühlt und was Edward, der Autor weiß es und lässt den Leser in aller Genauigkeit daran teilhaben, was recht widersprüchliche Gefühle auslöst. Man schüttelt sozusagen lächelnd den Kopf, während die zwei sich mühen und letztlich etwas Tragisches geschieht. »Das Bett ächzte klagend«, und wie gesagt, ich wollte mich schon wegdrehen, damit Florence und Edward sich endlich so verhalten können, wie sie selber es wollen und nicht wie eine ominöse Gesellschaft es von ihnen in diesem Moment verlangt.
Ian Mc Ewan: Am Strand. Roman. Aus dem Englischen von Bernha...
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