Demonstrationen gegen Corona-Regeln reißen nicht ab

Proteste gegen Kontaktbeschränkungen und eine Impfpflicht, während 1,7 Millionen Brandenburger vollständig geimpft sind

  • Lesedauer: 3 Min.

Potsdam. Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen reißen nicht ab. Am Montagabend gingen in Brandenburg Tausende auf die Straßen. Schwerpunkt war dabei der Süden des Landes. Dort beteiligten sich etwa 9000 Menschen in 16 verschiedenen Orten an den Aktionen. Der überwiegende Teil der Versammlungen sei nicht angemeldet gewesen, teilte die Polizei mit.

»Wenn Tausende Menschen unangemeldet und ungeführt laufen, dann kommen wir in einer Stadt bei Dunkelheit in echte Gefahrensituationen«, sagte Sven Bogacz, der die Polizeidirektion Süd leitet. Beispielsweise könne eine Planung der Route nicht stattfinden, der Verkehr könne nicht umgeleitet werden. Die Wege seien somit auch nicht gesichert. »Die Leute bringen sich selber in Gefahr«, warnte er. Die meisten Teilnehmer der Proteste seien aus dem bürgerlichen Spektrum und mittleren Alters, darunter auch Geschäftsleute, die wegen der Corona-Bestimmungen Existenzängste haben, sagte Bogacz. Aber auch 50 bis 70 Leute aus der rechten Szene seien häufig unter den Demonstranten.

Den größten unangemeldeten Protestzug gab es in Cottbus. Dort demonstrierten rund 3000 Menschen, in Finsterwalde waren es mehr als 1000. Auch in Bad Liebenwerda, Herzberg, Falkenberg und Doberlug-Kirchhain gab es sogenannte Spaziergänge durch die Innenstädte. Die zum großen Teil nicht angemeldeten Versammlungen seien friedlich verlaufen, erklärte Polizeisprecherin Ines Filohn. Die Teilnehmer trugen gleichwohl überwiegend keine Masken und hielten sich auch nicht an die Abstandsregel. Die Beamten nahmen die Personalien einiger Menschen auf.

In Potsdam waren fünf Versammlungen angemeldet. Dort zog ein angemeldeter Protestzug mit bis zu 300 Teilnehmern durch die Innenstadt. Entlang der Aufzugsstrecke kam es vereinzelt zu Störversuchen. Dutzende Gegendemonstranten des Bündnisses »Potsdam bekennt Farbe« hielten Kundgebungen an verschiedenen Orten ab, darunter am Filmmuseum, am Bassinplatz und am Brandenburger Tor. Auf den Plakaten stand beispielsweise: »Kritisieren: ist okay, Lügen verbreiten: kritisch, mit Nazis rumhängen: niemals«.

»Ich bin froh, dass die Vielzahl der Versammlungen überwiegend friedlich abgelaufen ist und trotzdem jede Meinung Gehör in der Öffentlichkeit gefunden hat«, erklärte der Potsdamer Polizeidirektionschef Christian Hylla. Einige Beteiligte hätten sich allerdings nicht an die Regeln gehalten. Die Polizei verhindere Versammlungen nicht, sondern schütze das Versammlungsrecht, betonte Hylla. Dazu müssten Versammlungen aber 48 Stunden vorher angemeldet werden. Dann könne die Polizei eventuelle Streckensperrungen rechtzeitig vorbereiten. Zu einem Polizeieinsatz kam es auch in Werder (Havel) bei einem nicht angemeldeten Protestzug. Eine 63-Jährige trug keine Maske und wollte ihre Personalien nicht preisgeben. Nachdem sie zunächst um sich geschlagen hatte, verletzte sie eine Polizistin mit einem heftigen Tritt gegen das Schienbein.

Vom 17. bis 25. Dezember zählte die Polizei in Brandenburg 101 Versammlungen. Davon waren nur 40 angemeldet. Auch in Eberswalde, Neuruppin, Beeskow und Bad Freienwalde waren Versammlungen von Gegnern der Corona-Maßnahmen und einer Impfpflicht angemeldet worden.

In Brandenburg sind seit dem 27. Dezember vergangenen Jahres bisher vier Millionen Corona-Impfungen verabreicht worden, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. 1,6 Millionen Brandenburger sind vollständig geimpft. Das sind 67,2 Prozent der Bevölkerung. 784 000 Einwohner erhielten auch schon die dritte Dosis zur Auffrischung. Die Zahl der gemeldeten Corona-Toten stieg am Dienstag um 33 auf 4627. dpa/nd

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