Das verflixte siebte Jahr

Der lange Abschied: In den USA hat Trevor Noah angekündigt, »The Daily Show« zu verlassen

  • Isabella Caldart
  • Lesedauer: 4 Min.

Plötzlich wird er ungewohnt ernst. Er hätte sich wie Charlie in der Schokoladenfabrik gefühlt, der nur für einen Besuch gekommen sei und dem man dann den Schlüssel überlassen habe, sagte Trevor Noah, Host der »Daily Show« auf dem US-amerikanischen Sender Comedy Central, vergangenen Donnerstag in seiner Sendung. Auf die Woche genau sieben Jahre zuvor war er überraschend als Nachfolger von Jon Stewart präsentiert worden, der die »Daily Show« von 1999 bis 2015 moderierte. Erst Ende 2014 hatte Noah als Korrespondent bei Stewart angefangen und war einem breiteren Publikum noch vollkommen unbekannt. Das Risiko lohnte sich: Noah gelang es, der Tradition der satirischen Nachrichtensendung treu zu bleiben und ihr dennoch einen jüngeren, modernen Touch zu verleihen. Dadurch wurde er einer der bekanntesten Late-Night-Moderatoren der USA.

Und während seine berühmten Late-Night-Kollegen wie Jimmy Fallon, Jimmy Kimmel, John Oliver, James Cordon und Stephen Colbert alle weiße Männer aus den USA oder Großbritannien sind, fiel Noah als Schwarzer Mann und Südafrikaner doppelt auf. Als er 1984 in Johannesburg geboren wurde, herrschte dort noch das Apartheidregime. Er ist der Sohn einer Xhosa und eines eingewanderten Deutschschweizers. Das war damals eine illegale Verbindung.

Auch nach dem Ende der Apartheid 1994 hatte Noah als »Mixed Race«-Kind Probleme, sich irgendwo zugehörig zu fühlen. Wie sein Leben in Südafrika aussah, schildert er in 18 Episoden in seiner hochgelobten Autobiografie, die im Original »Born a Crime« heißt und 2017 in deutscher Übersetzung unter dem Titel »Farbenblind« erschien.

Noah wurde Schauspieler und Comedian. Nachdem er in Südafrika eine Late-Night-Show moderiert hatte, zog er 2011 in die USA, um dort als als Stand-up-Comedian zu arbeiten. Doch das gestaltete sich schwieriger als gedacht. Zunächst sah alles gut aus. Er bekam zahlreiche Gastauftritte und 2012 mit »Trevor Noah: The Racist« auch eine eigene Comedyshow.

Die Übernahme der »Daily Show« sollte der endgültige Durchbruch werden, die nächste Stufe auf der Karriereleiter, doch die war zunächst ein Flop. Mit ihm als neuem Moderator stürzten die Einschaltquoten in den Keller: Sie gingen nach Jon Stewarts Ausscheiden um 37 Prozent zurück und hatten sich auch im Jahr darauf, zu Noahs 100. Folge nicht wieder erholt. In der Hauptzielgruppe der 18- bis 49-Jährigen wurde seine »Daily Show« durchschnittlich von 820 000 Menschen geschaut, während es bei Stewart mehr als 1,5 Millionen gewesen waren.

Dabei hat er eine gewinnende, charmante Art, politische, sportliche und kulturelle Ereignisse zu kommentieren. Er wirkt weniger statisch als sein Vorgänger, was auch für das Bühnenbild gilt, hat mehr popkulturelle Referenzen und kann sehr gut Donald Trump imitieren, was ihn gerade beim Millennial-Publikum bekannt und beliebt macht. Seine Berichterstattung über Trumps Präsidentschaft wurde in den anderen Medien gelobt, und auch die Pandemie-Folgen, die Noah ab März 2020 in seiner Wohnung aufnahm, werden in Erinnerung bleiben.

Doch die Ratings seines Vorgängers Jon Stewart hat er im Laufe der sieben Jahre trotzdem nie erreicht. »Variety« weist darauf hin, dass die Zuschauerzahlen der Late-Night-Shows allgemein zurückgehen, was am demografischen Wandel und der Veränderung der Sehgewohnheiten liegt, weg vom klassischen Fernsehprogramm, hin zum Streaming. Auch James Cordon hat bereits mitgeteilt, im nächsten Frühjahr seine »Late Late Show« bei CBS verlassen zu wollen.

Wann genau Trevor Noah geht, blieb bislang offen. Es ist ein Abschied auf Raten. Als Begründung ließ er durchscheinen, dass auch die Pandemie eine Rolle bei seiner Entscheidung gespielt hat. Er habe zwei Jahre nur in seinem Apartment verbracht, so Noah, es sei an der Zeit, etwas anderes zu machen: zu reisen, live aufzutreten und neue Sprachen zu lernen – dabei spricht er bereits acht Sprachen. Es ist unklar, wer die Sendung von ihm übernehmen wird. Denn Zuschauerrückgang hin oder her – Comedy Central wird nicht auf sein Flaggschiff verzichten und »The Daily Show«, die es seit 1996 gibt, mit einem anderen Host fortsetzen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal