Mehr Menschen gehen in Frührente

Scholz will Anteil derer steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten

Mehr Menschen gehen bereits mit 63 oder 64 Jahren in Rente. Das teilte das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Samstag mit. Eine wichtige Rolle dafür spielt die seit 2014 bestehende Möglichkeit des frühzeitigen Rentenbezugs ohne Abschläge für besonders langjährig Versicherte, die sogenannte Rente mit 63.

Dem Bundesinstitut zufolge ging 2021 jede und jeder Dritte über diesen Weg in die Rente. Der vorzeitige Renteneintritt verstärke den Mangel an erfahrenen, qualifizierten Arbeitskräften. »Die stagnierenden Zahlen zeigen, dass die Ausweitung der Erwerbstätigkeit in höhere Alter kein Selbstläufer ist«, so Elke Loichinger vom BiB. Wenn der Ruhestand erst einmal erfolgt ist, kämen nur wenige ins Erwerbsleben zurück.

In den Jahren 2000 bis 2015 habe sich dem BiB zu Folge die Erwerbstätigenquote bei den Männern zwischen 60 und 64 Jahren verdoppelt, bei Frauen im gleichen Alter gab es sogar eine Vervierfachung. »Zum einen gab es politische Reformen, die den längeren Verbleib im Arbeitsmarkt gefördert haben«, erläuterte Harun Sulak, wissenschaftlicher Mitarbeiter am BiB. »Gleichzeitig können heute im Vergleich zu früher mehr Tätigkeiten auch noch im höheren Alter ausgeführt werden.

Außerdem sind ältere Personen im Durchschnitt gesünder im Vergleich zu früheren Generationen«, so Sulkak. Nun stagniert laut BiB jedoch der Trend zur länger andauernden Erwerbstätigkeit. Und das, obwohl 2007 beschlossen wurde, das Regelalter für den Renteneintritt auf 67 Jahre anzuheben. Die Anpassung erfolgt in vielen kleinen Stufen bis 2031.

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte am Sonntag, er wolle, dass weniger Menschen vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen. »Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können. Das fällt vielen heute schwer«, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung »Ouest-France«. Der Sozialverband Deutschland begrüßte das Ziel von Scholz. Die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier betonte jedoch gegenüber der Funke Mediengruppe (Montagsausgaben), es sei wichtig, »dass die Menschen auch tatsächlich bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können und nicht vorher aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden müssen.«

Aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zeigen auch, dass in den letzten Jahren nicht nur Menschen früher in den Ruhestand gingen, die keine Abschläge fürchten müssen. Vielmehr seien auch vermehrt Menschen vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand gegangen, wenn sie dafür Abschläge bei der Rentenhöhe haben. Überdies hat im Jahr 2020 jeder dritte Arbeitnehmer mit 45 Jahren Vollzeitarbeit dennoch nur eine Brutto-Rente unter 1300 Euro pro Monat erhalten.

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