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Laura Nolte: Sturz des Ausnahmetalents
Die Olympiasiegerin stürzt bei der WM in St. Moritz im Zweierbob schwer – Kim Kalicki gewinnt
Laura Nolte ist ein Goldmädchen, dem scheinbar einfach alles zufliegt. Im August 2015 versuchte sich die junge Leichtathletin zum ersten Mal beim Bobfahren und konnte sich unter der rasanten Sportart »nichts vorstellen«. Doch die Sprinterin entpuppte sich als Naturtalent im Eiskanal. Nur sechs Monate später triumphierte sie bei den Olympischen Jugendspielen von Lillehammer. Im vergangenen Winter krönte sich die Frau aus Unna im Zweier mit 23 zur jüngsten Olympiasiegerin der Bob-Geschichte. Danach wurde sie – für Bobsportler ziemlich unüblich – sogar zum Werbegesicht. In einem TV-Spot für einen Kaffeeröster rührt sie mit ihrer Olympia-Goldmedaille einen Kaffee um.
Auch bei den Weltmeisterschaften in St. Moritz schien sich in diesen Tagen die unglaubliche Erfolgsgeschichte ungebremst fortzusetzen. Im Monobob holte sich Laura Nolte als erste Deutsche den WM-Titel. Doch dann kam am Samstag der verhängnisvolle dritte Lauf im Zweierbob auf dieser so schwierig zu fahrenden Naturbahn in den Schweizer Alpen. Nolte lag mit ihrer Anschieberin Neele Schuten bei Halbzeit der Entscheidung nur auf Platz drei – und sie wollte die nächste Goldmedaille.
Aber auch Ausnahmetalente an den Lenkseilen machen Fehler. An der Ausfahrt der legendären »Horse Shoe«-Kurve war der Bob viel zu hoch und kippte bei einer Geschwindigkeit von 99 Kilometern pro Stunde mit einem lauten Poltern auf die Seite. Die Helme von Nolte und Schuten krachten aufs Eis, die beiden rutschten mit ihrem Bob unkontrolliert die Bahn hinunter. »Das ist das Schlimmste, was einem passieren kann, wenn man weit oben in der Bahn stürzt«, sagte Thomas Schwab, Vorstandsvorsitzender des deutschen Bob- und Schlittenverbandes (BSD), im TV. »Dann rutscht man noch sehr weit, und es drückt einen immer wieder aus dem Bob. Wir halten dann immer alle die Luft an.«
Glücklicherweise konnten die schon im Training einmal schwer gestürzten Laura Nolte und Neele Schuten kurze Zeit später bis auf ein paar Prellungen in Sachen Gesundheit Entwarnung geben. Die Enttäuschung war allerdings riesig. »Ich hatte hier im Zweier von Anfang an meine Probleme. Aber wir wollten auf Angriff fahren und gewinnen. Ich wollte ein bisschen mehr machen, dann hat die Lenkung stärker reagiert, als ich dachte. Dann ist er halt umgekippt«, sagte Olympiasiegerin Nolte mit Tränen in den Augen. Und schob sofort nach, auch bei den letzten beiden Saison-Weltcups auf Sieg fahren zu wollen.
Bundestrainer René Spies kündigte an, die Situation mit seiner Ausnahmefahrerin aufzuarbeiten. »Das ist wieder eine Erfahrung für sie. Gott sei Dank ist nichts passiert. Aber Laura geht mit einer Goldmedaille nach Hause.« Und die deutschen Bobfahrerinnen trotz des spektakulären Sturzes auch im Zweier dennoch mit einem Doppelsieg. Die erfahrene Pilotin Kim Kalicki holte sich den Weltmeistertitel im Zweier vor Lisa Buckwitz. Ein Jahr zuvor hatten beide gemeinsam – Kalicki als Pilotin mit Buckwitz als Anschieberin – als Vierte noch traurig zugeschaut, als sich Laura Nolte zur Olympiasiegerin krönte.
Nachdem Kalicki als Weltmeisterin jubelnd ins Ziel gefahren war, »war meine erste Frage, ob es Laura und Neele gut geht«. Schließlich war sie selbst in den letzten Wochen gestürzt. Doch als es darauf ankam, behielt die 25-Jährige mit Anschieberin Leonie Fiebig die Nerven und triumphierte nach vier Läufen mit winzigen fünf Hundertstelsekunden Vorsprung vor Lisa Buckwitz mit Kira Lipperheide. Auch wenn die Nervosität bei der Weltmeisterin vor dem finalen Lauf riesig war: »Wenn ich offen und ehrlich sprechen kann: Ich habe fast von innen ins Visier gekotzt. Aber ich sagte mir, Kim, du kannst das. Fahre einfach normal Bob, dann reicht das.«
Gereicht hat es bei diesen Weltmeisterschaften in St. Moritz bis auf die Skeleton-Entscheidung der Männer immer für das deutsche Team. Im Bauchrodeln holte Susanne Kreher den Frauen-Titel und gemeinsam mit Christopher Grotheer auch Mixed-Gold. Bei den Bob-Männern beendete Johannes Lochner im Zweier die Siegesserie des dort »nur« zweitplatzierten Bob-Königs Francesco Friedrich. Der viermalige Olympiasieger schlug jedoch zurück und holte sich am Sonntag beim WM-Finale den Titel im Vierer.
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