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Soll man Lotto sein lassen?

Dr. Schmidt erklärt die Welt: Warum Lotto witzlos ist

  • Christof Meueler und Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Soll man Lotto sein lassen?

Soll man eigentlich Lotto spielen? Es spricht doch alles dagegen. Man hat nur eine Chance von 1:140 000 000, dass man sechs Richtige plus Zusatzzahl bekommt.

Dr. Schmidt

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere.
Christof Meueler will wissen, wie das mit dem Lotto ist.
Alle Folgen zum Nachhören auf: dasnd.de/schmidt

Dass dich der Blitz trifft, ist wahrscheinlicher.

Ich hab mal gehört: Eher stürzt du dreimal mit dem Flugzeug ab, bevor du den Hauptgewinn schaffst. Nichtsdestotrotz glauben viele Lottospieler, eines Tages sind ihre schon seit Ewigkeiten getippten Zahlen dran. Dabei ist es bei jeder Ziehung dieselbe Unwahrscheinlichkeit, oder?

Ja, klar. Die Wahrscheinlichkeit ändert sich ja nicht dadurch, dass du eine neue Ziehung machst. Wenn die Ziehungsapparatur wirklich zuverlässig funktioniert, dann ist die Wahrscheinlichkeit jedes Mal dieselbe.

Also ist es egal, welche Zahlen ich nehme.

So ist es. Auch wenn es in den Lottoannahmestellen solche schönen Übersichten gibt, welche Zahlen besonders häufig gezogen worden sind. Da gibt es welche, die seit 1955 eben doch tatsächlich über 600-mal gezogen wurden. Aber zähle mal die Jahre seit 1955, wie oft dann tatsächlich so was passiert ist – also vergiss es! Leider habe ich schon wieder vergessen, wie viele Millionen Jahre du spielen müsstest, damit du einmal zuverlässig gewinnst. Es ist einfach witzlos.

Nicht zu schaffen.

Trotzdem spielen 40 Prozent aller erwachsenen Deutschen mindestens einmal im Jahr Lotto. Und jeder Fünfte sogar einmal im Monat und davon wiederum ein Großteil wöchentlich.

Ja, ich zum Beispiel.

Das Geld kannst du auch ins Sparschwein stecken, da hast du mehr von. Andererseits ist der Glaube an einen Lottogewinn uralt. Er nutzt nur den Lottogesellschaften: Schon die alten Chinesen haben 200 Jahre vor unserer Zeitrechnung Teile des Baues der Großen Mauer mit einer Lotterie finanziert. Ob das beim DDR-Lotto auch so war?

Was passiert, wenn ich nicht einen, sondern zehn oder zwölf Tipps abgebe?

Das erhöht die Gewinnwahrscheinlichkeit, klar. Aber wenn du 140 000 000 durch zehn teilst, ist das ja immer noch extrem viel. Andererseits kannst du rein theoretisch mit sehr wenig Geld sehr viel Geld gewinnen. Das ist bei praktisch allen anderen Glücksspielarten nicht der Fall. Und du brauchst von nüscht Ahnung zu haben. Anders als bei den Sportwetten.

Na ja, was heißt Ahnung? Wenn du die Fußball-Unentschieden 6 aus 45 tippst, kannst du eigentlich auch wahllos ankreuzen. Allerdings ist da die Wahrscheinlichkeit 1: 8 000 000.

Das einzig Gute daran ist, dass ein recht großer Teil des Gewinns der Lottogesellschaft in gemeinnützige Zwecke gesteckt wird. Das hat durchaus Tradition. Schon im 16. Jahrhundert haben die Holländer zum Beispiel Waisenhäuser und Kirchtürme mit Lotterien finanziert. In London wurde im 16. Jahrhundert eine Wasserleitung damit finanziert. Dass das als Geschäft funktioniert, basiert natürlich darauf, dass sich irgendjemand mal irgendwann mit Wahrscheinlichkeitstheorie beschäftigt hat. Wie die Chinesen das damals gemacht haben, weiß ich nicht. Aber hier in Europa hat sich der bekannte Mathematiker Leonhard Euler wie auch der Physiker Christiaan Huygens damit auseinandergesetzt. Allerdings nicht nur mit Blick auf die Lotterie, sondern natürlich auch mit Blick auf die Lebens-, Feuer- und Rentenversicherungen.

Wie haben sie das gemacht?

Die haben Sterbetafeln aufgestellt – also wer wie lange lebt, von welcher Alterskohorte üblicherweise. Und auf der Basis haben sie dann entsprechende Versicherungstarife entwickelt. Und da brauchst du natürlich Wahrscheinlichkeitsrechnung. Mathematik hat oftmals doch sehr unmathematische Triebkräfte gehabt. Zum Beispiel die Schusskurve von Kanonen ausrechnen. Artilleristen waren deshalb häufig mathematisch begabte Leute.

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