Ein starker Staat muss die Strompreise kontrollieren

Brandenburgs Linksfraktion fordert, die Kosten der Energiewende nicht auf die Bürger abzuwälzen

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.

Als überzogen kritisiert Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für eine Wärmewende. Als »völlig falschen Politikansatz« bezeichnete Walter am Dienstag den umstrittenen Entwurf zum Heizungsgesetz. Es gehe nicht an, überforderte Menschen mit diesen Fragen allein zu lassen und ihnen die Verantwortung und die Kosten für die Wärmewende aufzubürden. Es funktioniere nun einmal nicht, sich bis Jahresende noch um eine neue Heizung zu kümmern. Das angestrebte Gesetz sei keineswegs überall technisch umsetzbar. Die aufgedrängten Lösungen seien oft vielleicht ökologischer, aber technisch ineffizient.

Niemand wisse, was als nächstes für die Holzpellet-Heizungen gelten werde, beklagte Walter. »Ihr Kohlendioxidausstoß ist höher als der von Öl- oder Gasheizungen.« In Brandenburg sind Walter zufolge wegen des Gesetzentwurfs rund 300 000 Haushalte unter Druck. »Sie haben Angst.« Der Linksfraktionschef sagte: »Dieser Gesetzentwurf ist Murks. Wir lehnen ihn in dieser Form ab. Er wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht und gehört in die Tonne.«

»Jeder soll seine Heizung aufdrehen können und ohne Angst vor der Rechnung leben«, forderte Walter. Was die Bundesregierung anstrebe, sei aber das Gegenteil. Der Linksfraktionschef forderte, nach Skandinavien zu blicken. In Dänemark beispielsweise gebe es ein Gewinnverbot für Unternehmen, die Wärme erzeugten und verteilten. In Deutschland dagegen verblieben riesige Extraprofite bei den Energiekonzernen. »Sie bedienen sich, als ob es kein Morgen
gäbe.« Denn die Tatsache, dass der Öl- und Gaspreis inzwischen unter dem Niveau vor dem Ukraine-Krieg liege, werde praktisch nirgends an die Kunden weitergegeben.

»Wir brauchen einen starken Staat, der die Strompreise kontrolliert«, verlangte Walter. Wenn die Landesregierung sich für nicht zuständig erkläre, dann stimme das nicht. Eine personelle Stärkung der Landeskartellbehörde läge in ihrem Wirkungskreis und könnte ein geeignetes Mittel sein. Vor allem an die Energieversorger in kommunaler Hand richtete Walter dringend die Erwartung, »die geforderten Gaspreise« den gesunkenen Preisen an der Energiebörse anzupassen. Wenn sich der Staat hier zurückziehe, dann fördere er damit die Politikverdrossenheit.

Zugleich sprach sich Walter dagegen aus, die Klimaaktivisten der Letzten Generation zu kriminalisieren, die sich auf Straßen festkleben, um den Verkehr zum Stillstand zu bringen. Walter tadelte Innenminister Michael Stübgen und
Justizministerin Susanne Hoffmann (beide CDU). Das Drohen mit Strafrechtsparagrafen und die Gleichsetzung mit einer kriminellen Vereinigung und der Mafia »bringt nichts«. Der Justizministerin warf Walter vor, sich in die Arbeit der Staatsanwaltschaft einzumischen. Sie habe in einem mit ihrem Namen gezeichneten Gastbeitrag in einer Zeitung eine Linie überschritten, die sie als Justizministerin beachten sollte. Walter findet, man sollte sich mit den Blockaden der Letzten Generation »politisch auseinandersetzen.« Die Klimaaktivisten fordern ein 9-Euro-Ticket und das Tempolimit auf Autobahnen. Da könne man ihnen entgegenkommen. Ziel der jungen Leute sei es, ohne Angst vor Waldbränden und Hitzerekorden zu leben.

Aus Sicht von SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller sind in Habecks Gesetzentwurf »viele Fragen noch nicht geklärt«. Keller trat dafür ein, die Inkraftsetzung zu verschieben und die vielen ungelösten Fragen zu beantworten. Es sei eben nicht so einfach, für die Heizung im Eigenheim unvorhergesehen 30 000 oder 70 000 Euro auszugeben, schon gar nicht für Menschen, die dafür niemals einen Kredit erhalten würden. Was der Bundeswirtschaftsminister veranlasst habe, sorge »für große Verunsicherung«. Zwei Drittel der Brandenburger lehnten diese Vorgehensweise ab, verwies Keller auf eine entsprechende Umfrage.

Aus Sicht von Brandenburgs Grünen führt ihr hiesiger Koalitionspartner CDU gegen die Gruppe Letzte Generation einen politischen Kampf mit juristischen Mitteln. Man müsse sich vielmehr darüber unterhalten, warum Menschen zu solchen Aktionen wie dem Ankleben auf Straßen greifen, sagte Landtagsfraktionschef Benjamin Raschke. Offenbar seien sie der Ansicht, dass der Klimawandel nicht ausreichend in der Politik Berücksichtigung finde. »Alles andere sollten wir den Gerichten und der Staatsanwaltschaft überlassen.«

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