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Als die Sprossen größer wurden

Microgreens im Kommen: Jungpflanzen auch von der heimischen Fensterbank

  • Anke Nussbücker
  • Lesedauer: 5 Min.
Lässt sich auch in Hallen und regalweise anbauen: Petersilie, Dill, Basilikum, Zwiebeln, Rosmarin und viele weitere Mikrogreens.
Lässt sich auch in Hallen und regalweise anbauen: Petersilie, Dill, Basilikum, Zwiebeln, Rosmarin und viele weitere Mikrogreens.

Spezielle Schalen sind zur Anzucht von Minipflanzen am eigenen Fenster nicht erforderlich. Dennoch häuft sich die Werbung für Zubehör für Microgreens. Die jungen Pflanzen von Erbsen, Grünkohl, Zwiebeln, Rucola, Buchweizen oder Gerste stehen also zwischen den beliebten Sprossen, auch Keimlinge genannt, und den Gemüsearten, die erst groß gewachsen und ausgereift geerntet werden. Die Minipflanzen werden bereits 14 bis 20 Tage nach ihrer Aussaat abgeschnitten. Sie sind reich an Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen und brauchen nur wenig Platz am Fenster oder auf dem Balkon.

Die Bezeichnung Microgreens stammt aus den USA und entstand aus dem Wunsch, etwas wirklich frisch Geerntetes zu essen, angesichts der teuren, in Plastik eingeschweißten Gemüseportionen, wie sie in dortigen Supermärkten zu kaufen sind. Ein nachvollziehbares Motiv, doch wirklich neu ist dieser Trend nicht. Waren die Menschen der DDR nicht auch oft unzufrieden ob des Gemüseangebotes? Da wussten sich viele selbst zu behelfen: Mit Schnittlauch und Zwiebellauch, Kresse, Gartenmelde oder Pflücksalat – Hauptsache, es kam auch etwas Grünes auf den Teller.

Diesen Zweck erfüllen jetzt besagte Microgreens, eine Anbauform, die wir Ossis schon längst praktizieren, auch wenn wir den Anglizismus dafür bislang noch nicht benutzten. Neu an den Microgreens ist, dass auch Hülsenfrüchte wie Erbsen zum Einsatz kommen und man davon tatsächlich die jungen grünen Blätter als »Erbsengrün« verzehrt, ohne erst auf Blüte und Fruchtbildung zu warten. Das kommt Menschen, die oft unterwegs sind, sehr entgegen. Zwischen zwei Dienst- oder anderen Reisen lassen sich auf die Schnelle ein paar Minipflanzen ziehen.

Dafür eignen sich recht viele Kräuter und Pflanzen, zum Beispiel Kerbel, Koriander, Melisse, Sauerampfer, Rucola, die verschiedensten Kohlarten oder auch Getreide. Wichtig dabei ist, kein gebeiztes Saatgut zu kaufen. Die chemischen Substanzen, mit denen herkömmliches Saatgut behandelt wird, bauen sich in der kurzen Wachstumszeit der jungen Minipflanzen nicht genügend ab. Entweder man verwendet Samenkörner, die für die Sprossenzucht angeboten werden, oder man wählt Trockenprodukte, die nicht wärmebehandelt sind. Dazu gehören Erbsen, Sonnenblumenkerne oder Getreidekörner, wie sie in Drogerien oder in Bioläden erhältlich sind. In Bio-Supermärkten wird auch Saatgut für verschiedene Gemüsearten angeboten, das nicht chemisch gebeizt ist.

Die Aussaat in Erde – in Pflanzschalen oder flachen Blumentöpfen – erfolgt von März bis September. Am besten, man sät alle zwei Wochen neu aus, so hat man regelmäßig frisches Grün, was als einheimisches Superfood gilt. Zu beachten ist, dass jegliche Nachtschattengewächse für diesen Zweck nicht geeignet sind. Besonders alle grünen Pflanzenteile von Tomate, Paprika, Aubergine oder Kartoffel enthalten Giftstoffe.

Die Microgreens von Hülsenfrüchten wie Bohnen oder Linsen werden vor dem Verzehr am besten eine Minute in kochendem Wasser blanchiert. Nur bei Erbsengrün kann man auf dieses kurzzeitige Erhitzen verzichten.

Frisch geerntet strotzen die Microgreens nur so von Vitaminen, vor allem Vitamin C, E, K, B6 und Folsäure sowie Provitamin A. Mit den jungen Pflänzchen von Radieschen, Grünkohl oder Kresse lassen sich Butterbrote nicht nur optisch aufwerten. Die Minipflanzen enthalten auch hochwertiges Protein, was besonders für Vegetarier interessant ist.

Das junge Blattgrün von Radieschen, Kresse oder Senf schmeckt recht scharf und hat eine hohe Würzkraft, die einen pikanten Quark oder vegane Brotaufstriche geschmacklich interessanter macht. Microgreens von Kohlgewächsen wie Grünkohl bleiben auch nach drei Wochen Wachstumszeit noch sehr zart und mild, sie können roh in einen gemischten Salat gegeben werden. Junges Erbsengrün schmeckt bereits wie grüne Erbsen und ist bei Kindern beliebt.

Die zarten Blätter der Microgreens eignen sich auch zum Aufpeppen und zur Dekoration von (Fertig-)Suppen. Vor allem Gersten- oder junges Weizengras ist zum Mixen von Smoothies geeignet. Auf diese Weise können auch ältere Menschen mit Kau- und Schluckstörungen vitaminreiche Getränke zu sich nehmen. Junge Grünpflanzen haben dabei den Vorteil, dass sie keinen Zucker enthalten. Insgesamt enthalten Smoothies mit einem höheren Anteil an Blattpflanzen dadurch auch weniger Zucker, verglichen mit reinen Obstsäften, was besonders für Menschen mit Diabetes sehr wichtig ist.

Die Pflanzen für Microgreens, die im Hochsommer ausgesät werden, müssen vor intensiver Sonneneinstrahlung geschützt angezogen werden, damit sie nicht austrocknen. Dicht gesät in einem Pflanzkasten, der in zweiter Reihe, zum Beispiel hinter große Töpfe mit Tomatenpflanzen gestellt wird, sozusagen im Schatten größerer Gemüsepflanzen, treiben die meisten Gemüsesamen meist schnell aus. Zu unterscheiden sind Lichtkeimer und Dunkelkeimer. Die Samen von Borretsch, Petersilie, Sonnenblume oder Mais beginnen im Dunkeln zu keimen, daher werden sie nach der Aussaat mit einer dünnen Schicht Erde bedeckt.

Für Lichtkeimer wie Kresse, Koriander, Dill, Möhren, Sellerie oder Pflücksalat wird die Aussaaterde vorher befeuchtet. Es genügt, die Samen nach dem Aussäen nur leicht anzudrücken. Die Erde ist morgens und abends gut zu befeuchten, Staunässe sollte vermieden werden. Noch bevor es den Pflanzen im Blumenkasten zu eng wird, werden sie abgeschnitten und verzehrt. Möglich ist es hierbei, einzelne Pflanzen größer werden zu lassen. So sparen sich Kleingärtner das Pikieren und Umsetzen auf andere Beete, falls sie zu dicht ausgesät haben.

An der Fensterbank können Minipflanzen von Winterrettich, Feldsalat, Asia-Salaten oder Chinakohl bis in den Oktober hinein herangezogen werden. Erst beim Schwinden des Tageslichts ab November ist es sinnvoller, nur noch Sprossen und Keimlinge in Keimgefäßen ohne Erde zu ziehen, die gänzlich ohne Licht wachsen. Im Unterschied zu den Microgreens werden Sprossen nach einer Keimdauer von circa vier Tagen komplett verzehrt.

Grüner Smoothie mit Gerstengras

Rezept für eine Portion: 50 Gramm junges Gerstengras, 20 Gramm Erbsengrün, je ein Zweig Minze und Dill, Saft einer halben Orange, 100 Gramm Joghurt, einen halben geriebenen Klarapfel in einem hohen Mixgefäß gründlich pürieren, in ein Trinkglas geben, mit einer Gurkenscheibe dekorieren. anu

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