- Politik
- Alternative für Deutschland
Die AfD beim Parteitag: Selbstbewusst, radikal, rechts
Die Richtungskämpfe der AfD sind nun endgültig vorbei – der rechte Flügel hat sich durchgesetzt
Am Wochenende trafen sich die Mitglieder der AfD in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg zu ihrem 14. Bundesparteitag und wählten die ersten Kandidat*innen für die Europawahl im kommenden Jahr. Zum Gegenprotest ging am Samstag ein breites antifaschistisches Bündnis unter dem Motto »Stoppt die AfD« auf die Straße; etwa 2500 Menschen schlossen sich an.
Die Parteispitze der AfD gab sich an dem Wochenende selbstbewusster und auch radikaler rechts als je zuvor. Dass die AfD in Umfragen aktuell etwa doppelt so viel Zuspruch erhält wie bei der Bundestagswahl 2021, sorgt bei der Rechtspartei wohl für gute Stimmung. Nach Meinung des Vorsitzenden Tino Chrupalla hat die AfD ihre hohen Umfragewerte auch der »neuen Harmonie in der Parteispitze« zu verdanken. »Diese Harmonie werden wir auch in die nächsten Wahlkämpfe tragen«, rief er bei der Eröffnung des Parteitages den rund 600 Delegierten zu und betonte gleichzeitig seine gute Zusammenarbeit mit der Co-Vorsitzenden Alice Weidel.
Die AfD dürfe sich aber auf den guten Werten nicht ausruhen, mahnte Chrupalla. Er verwies auf die kommenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen und sagte: »Nächstes Jahr können wir in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stärkste Kraft werden.« Die AfD müsse sich darauf vorbereiten, Regierungsverantwortung zu übernehmen.
Die neu gefundene »Harmonie« ist wohl dem zu verschulden, dass der Richtungskampf, der die Partei seit ihren Anfängen prägte, nun endgültig vorbei zu sein scheint. Die vergleichsweise gemäßigten Stimmen sind kaum noch in der Partei vertreten. Seit der ehemalige Parteichef Jörg Meuthen die AfD 2022 verlassen hatte, sind fast ausschließlich Politiker*innen des rechten Flügels an der Spitze. Somit bleibt der radikale Rand in seinen Positionen ungestört.
Thematisch drehte sich der Parteitag in Magdeburg vor allem um die EU-Politik der AfD. Ihr Programm für die Europawahl im kommenden Juni will die AfD erst zum Abschluss des Parteitags, am Sonntag in einer Woche, verabschieden. Die Europakandidaten mussten sich zu dem Programm bekennen, obwohl es noch nicht existiert. Im 92-seitigen Entwurf der Programmkommission spricht sich die AfD für eine radikale Umgestaltung der europäischen Politik aus. Die Forderung nach einer »geordneten Auflösung der EU« wurde allerdings von Seiten der Parteispitze bereits im Vorfeld relativiert. Diese sei durch ein »redaktionelles Versehen« in den Text geraten, hieß es.
Der Landesvorsitzende der thüringischen AfD, Björn Höcke, forderte am Wochenende die Abschaffung der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form. »Es gibt viele Gründe, die EU abzulehnen, sie bringt Europa nicht weiter«, sagt der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Politiker am Rande des AfD-Parteitags. »Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.«
Dass die AfD der europäischen Dachpartei der Rechten »Identität und Demokratie« beigetreten ist, sei laut Höcke aber kein Widerspruch. »Wir haben die klare Zielsetzung: Die EU ist nicht reformfähig und muss in einen neuen, europäischen Staatenbund überführt werden.« Dies müsse laut Höcke ein organischer Prozess sein, kein revolutionärer. »Wir sind keine revolutionäre Partei, wir sind eine bürgerliche Partei.«
Lobende Worte fand Höcke am Wochenende für die Linke Sahra Wagenknecht, die momentan überlegt, sich mit einer eigenen Partei von der Linken abzuspalten. »Dass Höcke ausgerechnet an Sahra Wagenknecht eine Einladung ausspricht, sagt vor allem eines aus: Sie ist die einzige demokratische Politikerin, welche Höcke gefährlich werden könnte«, erklärte der Linken-Politiker und Wagenknecht-Vertraute Christian Leye. »Wenn (CDU-Chef) Merz auch nur halb so gefährlich wäre, hätte Höcke wohl ihm eine Zusammenarbeit angeboten – nicht nur auf kommunaler Ebene.«
Rund 2500 Menschen haben am Samstag in Magdeburg gegen die AfD demonstriert. Die von dem antifaschistischen Bündnis »Solidarisches Magdeburg« organisierte Kundgebung zog am Mittag vom Hauptbahnhof der Stadt in Richtung Messegelände, wo die AfD derzeit ihren Europaparteitag abhält. Die Demonstrantinnen und Demonstranten skandierten »Nazis raus« und trugen Banner mit Aufschriften wie »Solidarität statt Hetze« und »Alle zusammen gegen den Faschismus«.
Dem Organisationsbündnis gehören unter anderem SPD, Grüne, Linkspartei und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) an. Union und FDP seien der Einladung zur Kundgebung nicht gefolgt, wie die Organisatoren bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche mitteilten.
Eine Teilnehmerin berichtete dem »nd«, die Veranstaltung sei insgesamt sehr friedlich verlaufen, auch zwischen den anwesenden Gruppen. Einzig nennenswert sei eine kurze Auseinandersetzung mit dem Block der MLPD gewesen, der sich prorussisch geäußert habe, was aber schnell durch umringende Demonstrant*innen unterbunden worden sei.
Schon am Freitag hielten über 400 »Omas gegen Rechts«, die aus ganz Deutschland angereist waren, zum Auftakt des mehrtägigen Gegenprogramms eine Mahnwache in direkter Nähe des AfD-Parteitages. »Wir wollen den Delegierten der AfD zeigen, dass sie hier mit ihrer rechten, rassistischen, antisemitischen und ganz und gar menschenverachtenden Politik nicht erwünscht sind«, erklärte Oma Dagmar Freyberg-Schumann.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!
In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!