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Entschlossene Niederländerinnen ziehen ins WM-Viertelfinale ein

Die Niederlande schlägt Südafrika 2:0 – im WM-Viertelfinale wartet nun Spanien

  • Frank Hellmann, Sydney
  • Lesedauer: 4 Min.
Alles im Blick: Die Niederländerin Jill Roord (r.) brachte ihre Mannschaft mit dem Führungstreffer gegen Südafrika auf den Weg ins Viertelfinale.
Alles im Blick: Die Niederländerin Jill Roord (r.) brachte ihre Mannschaft mit dem Führungstreffer gegen Südafrika auf den Weg ins Viertelfinale.

Es sah nach einem Sonntagsspaziergang aus, den Andries Jonker zur Mittagszeit im Moore Park hinlegte. Als hätte er gerade irgendwo in einem der trendigen Cafés der Oxford Street nebenan gefrühstückt und müsse sich noch mal die Beine vertreten, schlenderte der Trainer der niederländischen Frauen-Nationalelf über den Rasen des Sydney Football Stadium. Immer mal wieder hielt der Mann in weißem Hemd und dunklem Sakko inne, um irgendjemanden in den Arm zu nehmen. Der Favorit Niederlande hatte sich mit einem 2:0 gegen Außenseiter Südafrika im WM-Achtelfinale durchgesetzt, was bei diesem Turnier ja nicht selbstverständlich ist.

Der ehemalige Bundesligacoach des FC Bayern und VfL Wolfsburg gab später im Tiefgeschoss dieser Multifunktionsarena zu, dass ihn das Ausscheiden Deutschlands und Brasiliens noch ein bisschen wachsamer gemacht habe. »Ich hätte es nie geglaubt, und ich habe es auch nicht erwartet«, so der 60-Jährige. Wobei er zu Deutschland mal anmerken wolle, dass seine beiden Ex-Vereine bei den Frauen europäische Topvereine seien und auch der deutsche Fußball der Frauen für ihn »gesund« aussehe, nur: »Man kann nicht immer gewinnen.«

Die »Oranje Leuwinnen« haben unter seiner Regie bei diesem Turnier noch nicht verloren, was Jonker vor dem Viertelfinale gegen Spanien am Freitag im neuseeländischen Wellington zur Ansage veranlasste: »Wir haben die Qualität, Südafrika, aber auch Spanien zu schlagen.« Seiner gesperrten Leistungsträgerin Daniëlle van de Donk versprach er selbstbewusst einen Einsatz im nächsten Spiel – was das Halbfinale wäre.

Jonkers erstes K.-o.-Duell hatte bereits 12 Uhr mittags australischer Zeit begonnen, weil der Spielplan an den Wünschen des nordamerikanischen TV-Marktes ausgerichtet worden war. Da hatte man noch mit den USA statt den Niederländerinnen als Gruppenersten kalkuliert. Die Titelverteidigerinnen mussten stattdessen einige Stunden später ran und schieden im Elfmeterschießen gegen Schweden aus. Die nächste Überraschung dieser WM war perfekt.

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Jonker will nun verhindern, dass sein Team das nächste Favoritenopfer wird und drosselte schon gegen die Südafrikanerinnen seine Emotionen: »Es ist mein Job, alles in Ruhe zu analysieren, aber einmal habe ich meine Hände ja aus den Taschen genommen und bin auch hochgesprungen.« Das passierte beim 2:0 von Lineth Beerenstyn in der 68. Minute, als die ehemalige Angreiferin des FC Bayern von einem kapitalen Fangfehler der gegnerischen Torhüterin Caylin Swart profitierte, die nach ihrem Fauxpas den Boden mit den Fäusten malträtierte. Ihr Gegenüber war besser drauf. Die überragende Daphne van Domselaar hat sich mit 23 Jahren bereits als eine der tüchtigsten WM-Torhüterinnen hervorgetan und heimste die Auszeichnung zur »Spielerin des Spiels« ein. »Sie hat sich toll entwickelt«, lobte Jonker, dessen Ensemble trotz der frühen Führung der bis Sommer für den VfL Wolfsburg spielenden Jill Roord (9.) bedenklich wackelte.

Vor allem der südafrikanischen Stürmerin Thembi Kgatlana wäre für ihre Technik und ihren Tatendrang ein Treffer zu gönnen gewesen. Ihre Trainerin Desiree Ellis will jetzt alle Kraft bei ihrem Verband einbringen, dass die vom Weltverband Fifa ausgelobte Prämie von 60 000 Dollar für den Achtelfinaleinzug auch wirklich bei den Akteurinnen ankommt: »Die haben es zu 100 Prozent verdient.« Zu Hause seien viele Menschen früh aufgestanden, erzählte Ellis mit leuchtenden Augen, um »Banyana Banyana« beizustehen.

Die 60-Jährige nahm in der Pressekonferenz die eigene Regierung und die heimischen Sponsoren in die Pflicht, endlich dafür zu sorgen, dass am Kap eine professionelle Frauenliga entstehen möge. »Ich weiß nicht, wie man das noch ignorieren kann. Es kann nicht sein, dass unsere Nationalspielerinnen noch von 9 bis 17 Uhr arbeiten müssen.« Für sie steht fest, dass ihr Team bei dem vielen Talent »in vier Jahren noch besser« sein wird.

Ihr Land würde liebend gern die WM 2027 ausrichten und gilt in Fifa-Kreisen fast als aussichtsreicherer Kandidat als beispielsweise die Dreifachbewerbung von Deutschland, den Niederlanden und Belgien. Auch unter diesem Gesichtspunkt war der tapfere Achtelfinalauftritt der Südafrikanerinnen nicht unwichtig. Die Spielerinnen machten sich auch gar nicht unglücklich wirkend auf eine Ehrenrunde, bei der vor allem die »Oranje«-Fans anerkennend klatschten.

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