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Schneeleoparden: Scheu und perfekt getarnt

Schneeleoparden sind auch wegen ihres extremen Lebensraums kaum erforscht

  • Robert Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Die gefleckten Raubkatzen kommen in den Gebirgen Zentralasiens vor.
Die gefleckten Raubkatzen kommen in den Gebirgen Zentralasiens vor.

Anfang Mai erblickten Touristen im Spiti-Tal im indischen Himalaja einen auf einer Bergstraße spazierenden Schneeleoparden. Das Handyvideo der seltenen Sichtung wurde ein Hit in den sozialen Medien.

Das Habitat der Schneeleoparden sind die schwer zugänglichen, felsigen, schneebedeckten Berge des Himalaja und Zentralasiens. Die Weltnaturschutzunion stuft die weltweit noch 4000 bis 6500 existierenden Panthera uncia als gefährdete Art ein. Die harschen Bedingungen ihres schwer zugänglichen Habitats, ihr Leben als Einzelgänger, aber auch politische und militärische Barrieren in Pakistan, Indien und China erschweren Wissenschaftlern den Zugang zu Schneeleoparden. Zudem sind die einzelgängerischen Katzen mit ihrem schwarz-grauweiß gefleckten Fell inmitten von Geröll und Schnee kaum zu entdecken. Schneeleoparden sind daher wenig erforscht, obwohl Dank moderner Technologien in den vergangenen Jahren Fortschritte erzielt werden konnten.

Miha Krofel von der Universität Ljubljana ist der Frage nachgegangen, wie Schneeleoparden kommunizieren. Die Herausforderung der Erfassung von Daten im Altai-Gebirge in der Mongolei meisterte sein Team mit der Kombination von Kamerafallen, der Analyse von Schneespuren sowie Transektzählungen von Kratzspuren. Für letztere werden in dem Untersuchungsgebiet Linien gezogen, entlang derer Tiere gezählt oder Spuren registriert werden. »Durch die Kombination aller drei Methoden konnten wir sieben Kommunikationsverhaltensweisen identifizieren«, heißt es in der im Februar 2025 im Fachblatt »Behavioral Ecology and Sociobiology« veröffentlichten Studie. Die meisten Besuche an Markierungsstellen hätten mit Schnüffeln begonnen, bevor andere Verhaltensweisen wie Urinspritzer, Kratzen, Beschnuppern, Kopf-Körperreiben, Kotablagerung und Krallenmarkierungen hinzugekommen seien. Die höchsten Markierungsraten seien in Schluchten verzeichnet worden. Krofel und Kollegen »empfehlen« daher »Schluchten als bevorzugte Habitate« der Katzen für den Einsatz von Kamerafallen. Solche Daten sind nicht nur ein weiteres Puzzelstück in der Schneeleopardenforschng, sondern tragen auch zur Optimierung künftiger Forschungen bei.

Schneeleoparden sind entfernt mit dem eurasischen Luchs verwandt.

In der Mongolei statteten Forscher in einer Langzeitstudie mehr als 20 Schneeleoparden mit GPS-Halsbändern zur »Erforschung des Verhaltens der scheuen Katzen« aus. Das Projekt wird vom Snow Leopard Trust und mongolischen Experten zusammen mit der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaft durchgeführt.

Die Gebirge Zentral- und Südasiens erwärmen sich doppelt so schnell wie der Rest der nördlichen Hemisphäre. Das lässt den Lebensraum der Schneeleoparden schrumpfen, könnte Beutepopulationen verändern und Raubkatzen auf Nahrungssuche zu den Herden der Bauern und Hirten treiben. Damit erhöht sich die Gefahr von Mensch-Tier-Konflikten. Die Experten des Snow Leopard Trust betonen: »Unsere andauernde Forschung zum besseren Verständnis der Auswirkungen der Klimaerwärmung auf diese im Gebirge lebende Art ist für die Entwicklung von Lösungen zu ihrem Schutz von entscheidender Bedeutung.«

In Portugal wurde Anfang der 2000er Jahre ein bedeutender paläontologischer Fund gemacht: der Schädel einer ausgestorbenen Unterart des Schneeleoparden. Die Fossilien des Panthera uncia lusitana deuteten darauf hin, dass Schneeleoparden während der Eiszeit auch in Teilen Europas vorkamen, hieß es in einer im Fachjournal »Science Advances« im Januar 2025 veröffentlichten Studie. Die Schneeleoparden hätten sich während des Pleistozäns an kühle, felsige Lebensräume Europas angepasst, die denen in Zentralasien ähnelten. »Unsere Studie unterstreicht, wie wichtig die Integration von Morphologie, Fossilienfunden und Modellen zur Artenverteilung ist, um die Evolution und Ökologie gefährdeter Arten umfassend zu verstehen und entsprechende Schutzstrategien zu entwickeln«, so die Wissenschaftler.

Schneeleoparden sind entfernt mit dem eurasischen Luchs verwandt, mit dem sie sich in Teilen Asiens den Lebensraum teilen. Eine aktuelle Studie des Snow Leopard Trust zur Koexistenz beider Arten zieht das Fazit, wie oft bei Verwandten: Man geht sich, wenn möglich, aus dem Weg.

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