Jenny Wolf mit erstem Saisonsieg

Eisschnelllauf: Vier Weltrekorde bei Weltcup-Auftakt in Lake Placid / Pechsteins Missgeschick

  • Jörg Mebus
  • Lesedauer: 3 Min.

Claudia Pechstein patzte zu Beginn ihrer »neuen Zeitrechnung« und legte sich gleich mit den Kampfrichtern an. Anni Friesinger pausierte mal wieder. Doch Jenny Wolf riss die Kohlen aus dem Feuer: Die Eissprinterin aus Berlin machte das Dutzend voll und sorgte beim Auftakt in Salt Lake City (USA) mit ihrem zwölften Weltcup-Sieg für den ersten deutschen Saisonerfolg.

Dass Wolf ihren 500-m-Weltrekord knapp verpasste und sich damit nicht dem Bestzeiten-Festival der Männer mit vier Weltrekorden in vier Rennen anschloss, war ihr egal. »Besser hätte es kaum laufen können. Ich bin rundum zufrieden. Der Angang war nicht ganz so schnell wie im ersten Rennen am Freitag, aber dafür der Rest umso besser«, sagte die 28-Jährige, die vor acht Monaten auf dem Olympia-Eis von 2002 den WM-Titel in Rekordzeit gewonnen hatte. »Nimmt man das Beste aus beiden Läufen, hätte es vielleicht mit dem Weltrekord geklappt«, meinte Jenny Wolf. Am Freitag hatte sie Rang zwei hinter ihrer Erzrivalin Wang Beixing (China) belegt und sich maßlos über einen Fehler in der Zielkurve geärgert.

Dagegen lief es für Claudia Pechstein in ihrem ersten Rennen ohne ihren Mentor und Erfolgscoach Joachim Franke (»Das ist der Aufbruch in eine neue Zeitrechnung«) alles andere als rund. Über 1500 m kam die fünfmalige Olympiasiegerin bei einem Bahnwechsel mit Weltrekordlerin Cindy Klassen (Kanada) ins Gehege, verlor – sehr gut in der Zeit liegend – völlig den Rhythmus und musste sich am Ende mit Rang 14 begnügen. Zu allem Überfluss wurde sie wegen angeblicher Behinderung zunächst disqualifiziert. »Sie ist stocksauer«, sagte Teamleiter Helge Jasch, der Pechstein während des Rennens coachte, weil ihr neuer Trainer Peter Müller nicht offiziell für die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft arbeitet. Nach Protest wurde Pechsteins Disqualifikation rückgängig gemacht.

Das Rennen gewann die Kanadierin Christine Nesbitt in hervorragenden 1:52,75 min. Eine Zeit, die Pechstein auch ohne den Zwischenfall ebenso nicht erreicht hätte wie Anni Friesinger. Die 1500-m-Olympiasiegerin von 2002 pausierte am Sonnabend nach ihrem zweiten Platz über 1000 m, um wegen einer abklingenden Erkältung kein Risiko einzugehen. Am Sonntag (nach Redaktionsschluss) wollte sie im zweiten 1000-m-Rennen wieder starten.

Derweil purzelten in den Män-nerrennen die Weltrekorde, was zu einem so frühen Zeitpunkt der Saison nicht unbedingt zu erwarten war. Nach dem Kanadier Jeremy Wotherspoon (500 m in 34,03 s) und dem Niederländer Erben Wennemars (1500 m in 1:42,32 min) legten am Sonnabend der Finne Pekka Koskela (1000 m in 1:07,00 min) und der Italiener Enrico Fabris (5000 m in 6:07,40 min) nach. Vor allem das 5000-m-Rennen war denkwürdig. Weltrekordler Sven Kramer (Niederlande) startete im Paar vor dem Olympiadritten Fabris, lief im sicheren Gefühl des Triumphes bereits vor der Ziellinie aus und verschenkte mit 6:07,52 min Sieg und Weltrekord. Fabris konterte und fügte dem Weltmeister die erste Niederlage seit anderthalb Jahren zu. sid

Männer, 500 m: 1. Wotherspoon (Kan) 34,03 (WR), 2. Lee Kang-Seok 34,20, 3. Lee Kyou-Hyuk (beide Südko) 34,31, ... 21. Ihle (Chemnitz) 35,37, 26. Hahn (Erfurt) 35,56. 1000 m: 1. Koskela (Fin) 1:07,00 (WR), 2. Davis (USA) 1:07,18, 3. Wotherspoon 1:07,34, ... 16. Schwarz (Berlin) 1:08,77, 23. Heythausen (Grefrath) 1:09,38. 1500 m: 1. Wennemars (Nie) 1:42,32 (WR), 2. Morrison (Kan) 1:42,79, 3. Davis 1:42,92, ... 17. Heythausen 1:45,82, 20. Lehmann (Erfurt) 1:46,05. 5000 m: 1. Fabris (Ita) 6:07,40 (WR), 2. Kramer (Nie) 6:07,52, 3. Bøkko (No) 6:14,14, ... 8. Schneider (Berlin) 6:21,55, 17. Lehmann 6:26,52.

Frauen, 500 m (1. Lauf): 1. Wang Beixing (China) 37,32, 2. Wolf (Berlin) 37,47, 3. Yoshii (Jap) 37,84, ... 5. Hartmann (Inzell) 38,04, 24. Hesse (Erfurt) 38,90, 26. Angermüller (Berlin) 39,15. 500 m (2. Lauf): 1. Wolf 37,22, 2. Wang Beixing 37,45, 3. Yoshii 37,90, ... 8. Hartmann 8,23, 21. Hesse 38,71. 1000 m: 1. Wang Beixing 1:14,19, 2. Friesinger (Inzell) 1:14,29, 3. Wang Fei (China) 1:14,31, ... 8. Hartmann 1:15,13, 15. Angermüller 1:16,37, 18. Hesse 1:16,59. 1500 m: 1. Nesbitt 1:52,75, 2. Groves (beide Kan) 1:54,25, 3. Simionato (Ita) 1:54,65, ... 8. Anschütz- Thoms (Erfurt) 1:55,69, 14. Pechstein 1:56,94, 19. Opitz 1:57,91, 20. Angermüller (alle Berlin) 1:58,09.

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