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- Gedenken in Berlin-Friedrichsfelde
Liebknecht-Luxemburg-Demonstration soll ermöglicht werden
Stadträtin Filiz Keküllüoğlu (Grüne) stellt Lösung des Baustellenproblems in Aussicht
Eine Dauerbaustelle vor dem Zentralfriedhof in Berlin-Friedrichsfelde drohte zum echten Problem oder auch nur zum Vorwand zu werden, die traditionelle Liebknecht-Luxemburg-Demonstration bis ins Jahr 2028 hinein zu verbieten – und im schlimmsten Fall das gewohnte stille Gedenken gleich mit.
Doch nun deutet sich an, dass ähnlich wie im Januar 2025 auch im Januar 2026 der Zugang provisorisch gewährleistet werden kann. Die zuständige Stadträtin Filiz Keküllüoğlu (Grüne) erklärte am Donnerstagabend in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Lichtenberg: »Das Straßen- und Grünflächenamt hat gemeinsam mit der Polizei unter Hochdruck an einer Lösung gearbeitet, damit die Liebknecht-Luxemburg-Demo im Januar trotz Baustelle auf dem Zentralfriedhof stattfinden kann.« Es sei bei einer Ortsbegehung am Montag eine Möglichkeit gefunden worden, berichtete Keküllüoğlu. »Ich freue mich sehr, dass wir die Zuwegung der Demo nach polizeilichen Vorgaben ermöglichen können. Nun müssen wir nur noch eine Firma finden, die kurzfristig verfügbar ist.«
Ein von der Linksfraktion gestellter Antrag, das Gedenken an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zu gewährleisten, wurde in einer auf Anregung der Grünen nur leicht geänderten Fassung mit 28 zu 20 Stimmen von der BVV beschlossen.
»Ich freue mich sehr, dass wir die Zuwegung der Demo nach polizeilichen Vorgaben ermöglichen können. Nun müssen wir nur noch eine Firma finden, die kurzfristig verfügbar ist.«
Filiz Keküllüoğlu Stadträtin
Polizei und Grünflächenamt schoben die Verantwortung zunächst zwischen sich hin und her, hatte der Bezirksverordnete Antonio Leonhardt (Linke) beklagt. »Letzten Endes droht das Gedenken, ins Wasser zu fallen«, warnte er. So gehe das aber nicht. Er freue sich, dass nun endlich Bewegung in die Sache zu kommen scheine.
Den Vorwurf, hier schon Wahlkampf zu machen – im September 2026 werden das Berliner Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen der Hauptstadt neu gewählt – ließ Leonhardt an sich abtropfen. Es gehe darum, dass am 11. Januar wie jedes Jahr Sozialisten, Kommunisten und Sozialdemokraten »aus aller Welt« ihre Nelken für Liebknecht und Luxemburg niederlegen können. Die Grünen hätten sich ja in den letzten Jahren weit von ihrer ursprünglichen Friedenspolitik entfernt, erinnerte Leonhardt süffisant. Aber wenn deren Stadträtin Keküllüoğlu das Gedenken doch möglich mache, so kündigte Leonhardt an, werde er diesmal nicht nur selbst zwei Nelken für Karl und Rosa nach Friedrichsfelde tragen, sondern eine weitere Nelke der Stadträtin »aufnötigen« und sie mitnehmen.
Was Leonhardt nicht versteht: Warum die provisorische Lösung angeblich 19 000 Euro kosten solle? Es gehe doch lediglich darum, einen Bauzaun zu verschieben, um den Weg frei zu machen.
Damit wäre es allerdings nicht getan, erklärte Filiz Keküllüoğlu. Zehn Maßnahmen fordere die Polizei, darunter das Auffüllen der Baugrube, Absperrungen und das Aufschütten von Sand, um die Wurzeln einer Linde zu schonen. Was das koste, könne sie nicht sagen. »Wir haben noch keine Angebote.« Sie könne lediglich sagen, dass die Arbeiten maximal 17 500 Euro kosten dürfen. Unterhalb dieser Schwelle sei die Direktvergabe des Auftrags an eine Firma möglich, oberhalb wäre ein Vergabeverfahren erforderlich, das so schnell nicht zu bewerkstelligen wäre. Dann würde es nicht rechtzeitig klappen und das wolle doch wohl niemand.
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Keküllüoğlu beteuerte, es gebe kein »Pingpong« zwischen Straßen- und Grünflächenamt und der Polizei. Sie versicherte darüber hinaus: »Stilles Gedenken war immer möglich!« Es gebe schließlich einen schmalen Zugang zum Friedhof. Es drehe sich lediglich um die Demonstration, da es mehr Platz brauche, wenn Tausende Menschen auf einmal ankommen und auf das Friedhofsgelände drängen.
Die Bezirksverordnete Jutta Feige (SPD) beschwerte sich, dass die Umgestaltung des Friedhofsvorplatzes doch eigentlich bereits im Dezember 2025 abgeschlossen sein sollte. Nun heiße es, dass dies frühestens 2027 klappen werde. Solle das bedeuten, dass man in einem Jahr erneut ein Problem hätte? »Es kann doch nicht sein, dass so ein kleiner Platz so lange dauert«, schimpfte Feige. Das sei ja »eine Schande« für den Bezirk. Das sei den Bürgern nicht zu vermitteln. »Die erklären uns irgendwann mal für verrückt.«
Die Baufirma habe mangelhafte Arbeit geleistet. Man habe dieser Firma deshalb kündigen müssen. Darum ruhen im Moment die Bauarbeiten, versuchte Stadträtin Keküllüoğlu den Stillstand und die daraus resultierende Verzögerung zu rechtfertigen. Sie reagierte beleidigt auf Feiges Vorhaltungen. Die Debatte wurde kurz hitzig. BVV-Vorsteher Gregor Hoffmann (CDU) wies Keküllüoğlu empört darauf hin, dass Feige berechtigte Nachfragen gestellt habe. Er unterbrach dann die Sitzung und entschuldigte sich schließlich dafür, dass er laut geworden sei.
Die AfD lehnte den Antrag der Linken ab. Er habe sich die Demonstration zweimal angesehen, erklärte der AfD-Verordnete Heribert Eisenhardt. Da sei auf Transparenten den Massenmördern Stalin und Mao gehuldigt worden und mehrfach sei es bei den Demonstrationen zu »linker Gewalt« gekommen.
Im Aufruf zur Demonstration, die am 11. Januar 2026 um 10 Uhr am U-Bahnhof Frankfurter Tor starten soll, ist durchaus von einer kämpferischen, aber auch friedlichen Ehrung die Rede. Wörtlich heißt es da: »Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurden am 15. Januar 1919 von den Bütteln des Kapitals ermordet, weil sie Kapitalismus und Krieg kompromisslos bekämpften und sich dem Frieden mit all ihrer Kraft verpflichtet fühlten. Wenn wir, Linke unterschiedlicher Strömungen, ihrer auf der Demonstration im Rahmen der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung kämpferisch und friedlich gedenken, dann verbindet sich für uns diese Erinnerung untrennbar mit dem heutigen Kampf um den Frieden, damit wir nicht die letzten Menschen sein werden.« Und weiter: »Soziale Not für immer mehr Menschen und irrsinnige Profite für die Rüstungskonzerne und andere Aufrüstungsgewinnler zerfressen die bürgerliche Gesellschaft und machen den Nazis den Weg für völkische Ideologie und Bewegung immer leichter. Und wie stets muss ein Sündenbock herhalten – die Migranten.«
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