Privilegierte Einblicke

Walter Heynowski: Der Film meines Lebens

  • Hanno Harnisch
  • Lesedauer: 2 Min.

Heimat ist ein Ort. Ein Ort, an dem es sich lohnt, zu leben. Schön, wenn Heimat ein friedlicher Ort ist, an dem man nicht nur sein will, sondern auch sein darf. »Dort, wo ich mit meiner Frau lebe«, so Walter Heynowski (Foto: Das Neue Berlin), dieser Ort sei Heimat für ihn. Es ist die Grenze zwischen Mitte und Friedrichshain in Berlin, der Strausberger Platz. Hin zum Alex die Neubauten aus den 60ern der DDR, hin zum Frankfurter Tor die alte Stalinallee, die schon lange nach Karl Marx heißt. Und mittendrin Walter Heynowski. Die Leute am Strausberger Platz kennen ihn. Selbst der zugezogene Lutz Rathenow sucht manchmal das Gespräch. Kann ja nicht schaden, wenn DDR auf DDR trifft, so dermaßen unterschiedlich. Der (auch zugezogene) Italiener, bei dem Heynowski zuweilen saß, hat mittlerweile Pleite gemacht am Strausberger Platz. Wer soll jetzt das Wildbret zubereiten, das ab und an noch bei der Jagd abfällt?

Bleiben die vielen Geschichten. Vom Leben, vom eigenen. Die hat er jetzt aufgeschrieben, zum Jahresanfang sind sie als Buch herausgekommen: »Der Film meines Lebens. Zerschossene Jugend«. Geboren heute vor 80 Jahren.

Heynowski wollte ursprünglich katholischer Priester werden. Hat auch noch Volkswirtschaft studiert. Um dann ein ganzes Leben »nur« als Journalist zu arbeiten. Hochinteressant: seine Zeit bei der Jugendzeitschrift »Die Zukunft«, tief im Westen, in Reutlingen. Heynowski nimmt mich, die Pionierlagergeneration, mit in die Wochen seines Lagerlebens als junger Kriegsgefangener der Amerikaner bei Bad Kreuznach. Das war die extremste Situation in seinem Leben, das wahrlich abenteuerliche Momente aufweist. Ho Chi Minh hat er in Vietnam kennengelernt. Über 70 (!) Filme gemacht, einige sind heute Bestandteil des Weltgedächtnisses. Afrika. Chile. Deutschland – da, wo der antiimperialistische Kampf war, da waren auch »H & S«, Heynowski und (Gerhard) Scheumann, mit ihrem Kameramann Peter Hellmich. Ihnen gegenüber: Kongo-Müller, Kamerad Krüger, Piloten im Pyjama und Mumien in Chile.

Heynowski macht keine Filme mehr. Sitzt aber am zweiten Band seiner Erinnerungen. »Der Film meines Lebens. Privilegierte Einblicke« wird er heißen. Im nächsten Jahr erscheinen. Ich kann es kaum erwarten, weiterzulesen. Bis dahin aber erst einmal: Glückwunsch an seinen so heimatlichen Strausberger Platz.

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