Stifteten deutsche Banken in Liechtenstein?

Staatsanwaltschaft durchsucht in der Steueraffäre auch die Räume von mehreren Finanzinstituten

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei Hausdurchsuchungen in ganz Deutschland hat die Staatsanwaltschaft auch Banken ins Visier genommen. Die sind jedoch seit der Luxemburg-Affäre vorsichtiger geworden.

Deutsche Banken sollen reichen Kunden beim Steuerhinterziehen in Liechtenstein geholfen haben. Der Bochumer Oberstaatsanwalt Hans-Ulrich Krück bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass es bei Durchsuchungen von verschiedenen Kreditinstituten nicht nur um die Konten von Beschuldigten, sondern auch um die Banken selber ging. Sie werden verdächtigt, Kontakte zu Stiftungen in Liechtenstein gehabt und Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Auch gegen die Frankfurter Privatbank Metzler wird ermittelt.

Die Deutsche Steuergewerkschaft rechnet in dieser Affäre mit tausenden Sündern. Die Mehrzahl dieser Steuerhinterzieher dürfte in irgendeiner Form von einer Bank begleitet worden sein. Grundsätzlich ist die Überweisung von Geld und Kapital ins Ausland selbstverständlich legal, ob nach Liechtenstein oder in weit größere Finanz-oasen wie die Schweiz oder auch Luxemburg. Dort sind alle großen Banken mit Niederlassungen vertreten. Zu deren Service gehört die Beratung darüber, wie der Kunde (rechtens) Steuern sparen kann.

So ist die Geldanlage in eine Stiftung in Liechtenstein an sich nicht ehrenrührig – erst wenn Geld vor dem deutschen Fiskus versteckt oder Erträge unversteuert kassiert werden. Grundsätzlich müssen in Deutschland lebende Bürger alle Zinserträge, Dividenden oder Kursgewinne hier auch versteuern, wenn nicht ein Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Land diese Pflicht einschränkt.

In den 90er Jahren hatten deutsche Kreditinstitute in großem Stil ihren Kunden den Weg nach Luxemburg abgenommen Das Bankgeheimnis des Großherzogtums ist dichter als das schweizerische. Ähnlich hoch wird die Geheimhaltung auf britischen Kanal-Inseln, in Singapur oder Abu Dhabi betrieben. Nur bei genau begründetem Verdacht auf Geldwäsche arbeiten die Luxemburger Behörden mit ausländischen Ämtern zusammen. Dagegen helfen die Finanz-ämter in Zürich oder Basel – wie in Liechtenstein – schon bei dem Verdacht auf kriminellen Steuerbetrug. Steuerhinterziehung, wie er jetzt in Liechtenstein aufgeflogen ist, bleibt dagegen in der Schweiz als Kavaliersdelikt ungesühnt.

Weil allzu viele Kunden Luxemburg-Anlagen in der Einkommen- und Vermögensteuer-Erklärung »vergaßen«, kam der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel den Tätern auf die Schliche. 1994 ermittelten Steuerfahnder bei Banken wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch die Finanzdienstleister. So durchsuchte die Staatsanwaltschaft Geschäftsräume der Dresdner Bank und der Commerzbank. Die Banken wurden beschuldigt, bei der Steuerflucht deutscher Anleger, insbesondere aber beim Transfer der Gelder, regelmäßig behilflich gewesen zu sein. Es kam zu einer Reihe von Prozessen gegen Manager aus der zweiten Reihe.

Das kleine Luxemburg ist heute der achtgrößte Finanzplatz. 170 in- und ausländische Banken tummeln sich vernehmlich in der Hauptstadt Luxemburg mit seinen 100 000 Einwohnern. »Eine enorme Zahl, vor allem, wenn Sie die Größe des Landes bzw. der Stadt Luxemburg dagegenhalten«, heißt es in der Niederlassung einer süddeutschen Großbank. Noch bedeutender ist Luxemburg im Fondsgeschäft. Hier ist man weltweit die Nummer drei.

Seit der Luxemburg-Affäre sind die Banken vorsichtiger geworden, haben Experten beobachtet. »Das hat sich seither dramatisch verändert«, meint der Hamburger Wirtschaftsprofessor Michael Adams. Die Aufsicht über Banken ist strenger geworden, die Kontrollsysteme der Institute selbst wurden besser. Kein vernünftig geführtes Haus wird seinen Ruf wegen ein paar hundert Steuerflüchtlinge aufs Spiel setzen. Allerdings scheint es wahrscheinlich, dass einzelne Mitarbeiter versucht haben, mit ihrem speziellen Dienst am Kunden ihr Ansehen beim Chef oder ihren Bonus aufzubessern.

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