Färben mit Pflanzen

Einsatz natürlicher Farbstoffe auch bei Druckerzeugnissen denkbar

  • Doris Bünnagel
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Wer kennt heute noch Färberwau, Krapp, Färberknöterich, Kreuzdorn und Färberhundskamille? Seitdem man synthetische Farbpigmente entwickelte, sind die alten Färberpflanzen in Vergessenheit geraten. Das soll sich ändern.

Etwa ein Dutzend einheimischer Kräuter könnte künftig in vielen industriellen Bereichen für natürliche Farbe sorgen. Zur Zeit wird - gefördert von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) - vielerorts geforscht und getestet. Henryk Stolte, FNR-Experte für Pflanzenfarbstoffe: »Die Ergebnisse aus unseren Projekten sind sehr vielversprechend, und wir müssen jetzt den Schritt zur Einführung in den industriellen Markt schaffen.« Die umweltfreundlichen Farben sind sehr vielseitig: Sie färben Textilien, Leder oder Biokunststoffe, Lippenstifte und Teppiche, und sie verleihen Bonbons, Tee und Wein ein appetitliches Äußeres. Thüringer Wissenschaftler wollen nun im Auftrag der FNR Farbextrakte aus Pflanzen auch in umweltfreundlichen Drucksystemen einsetzen. Da die pflanzlichen Farben vollständig biologisch abbaubar und gesundheitlich unbedenklich sind, ließen sich so die Umweltbelastungen durch Druckerzeugnisse verringern.
In Europa werden jährlich rund 950 000 Tonnen konventioneller Papierdruckfarben mit einem Umsatz von etwa 3,5 Milliarden Euro hergestellt. Ein Teil davon könnte durch Farbstoffe aus heimischen Färberpflanzen ersetzt werden. »Pflanzenfarbextrakte stehen ihren synthetischen Konkurrenten in Sachen Qualität nicht nach. Es gibt lediglich noch einige Probleme mit der Lichtechtheit, die aber hoffentlich zu lösen sein werden«, sagt Diplom-Ingenieur Michael Conrad von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL).
Der Anbau von Färberpflanzen hat in Thüringen lange Tradition. Schon im 13.und 14. Jahrhundert wurden dort bedeutende Mengen Waid angebaut, der den blauen Farbstoff Indigo liefert. Heute züchten Wissenschaftler der TLL aus den Wildformen der Färberpflanzen zunächst Pflanzen mit höheren Farbanteilen. Ähnlich wie bei den Arzneimittel- oder Gewürzpflanzen ist eine wirtschaftliche Nutzung in industriellem Maßstab nur bei gleichbleibend guter Qualität der Rohstoffe möglich. »Aus den Wurzeln des Krapp gewinnen wir roten Farbstoff, aus den oberirdischen Pflanzenteilen des Färber~knöterichs blauen und aus den Blüten von Reseda und Kreuzdorn die gelbe Farbe. Daraus lassen sich dann - wie bei den synthetischen Farben - die verschiedenen Farbtöne mischen«, sagt Conrad. Getestet werden die Farbextrakte durch einen Projektpartner der Thüringer, den Münchner Farbenhersteller Huber. Zunächst will dieser etwa 0,1 Prozent seiner jährlichen Verarbeitungskapazität von 5000 Tonnen Druckfarben durch pflanzliche Produkte ersetzen. Wissenschaftler Conrad: »Wenn dies erfolgreich ist, wäre mit einem mittelfristigen Absatz von etwa 25 Jahrestonnen Druckfarben mit Pigmenten auf Basis nachwachsender Rohstoffe zu rechnen.« Mit den Pflanzenfarben würden nach Ansicht der Fachleute künftig kurzlebige, aber hochwertige Artikel bedruckt - beispielsweise Verpackungen. »Hersteller können etwa über die umweltfreundlich bedruckte Verpackung auch für die Natürlichkeit ihrer Produkte werben«, sagt Conrad. Ohne Probleme lassen sich die pflanzengefärbten Verpackungen nach Gebrauch vollständig kompostieren.
»Auch für Biokunststoffe bieten sich Pflanzenfarben an«, sagt Henryk Stolte von der Fachagentur. »Sie kommen heute noch häufig ungefärbt in den Handel oder müssen mit herkömmlichen Farbstoffen gefärbt werden und sind dann nicht mehr ohne weiteres biologisch abbaubar.« Sehr viel weniger als allgemein angenommen kommen Pflanzenfarben in der Textilindustrie zum Einsatz. Selbst Hersteller von Ökokleidung verwenden meist synthetische Farben, die allerdings frei von Schwermetallen und gesundheitsschädlichen Azofarbstoffen sind. Vorreiter der Ökotextilbranche in Sachen Pflanzenfärbung ist ein Brandenburger Unternehmen, das jetzt erstmalig eine Musterkollektion natürlich gefärbter Bekleidung vorgestellt hat. »Um marktfähig zu werden, muss man die natürlichen Farbstoffe in allen Bereichen, nicht nur in der Textilindustrie, auf den gängigen Maschinen verarbeiten können«, sagt FNR-Experte Stolte. Dabei gebe es allerdings noch Probleme. So könnten Fremdstoffe im Farbextrakt die Anlagen verstopfen. »Hier ist noch Entwicklungsarbeit zu leisten. Ein eindeutiger Trend für den Einsatz von Naturfarbstoffen ist aber erkennbar«, so Stolte. Sein Thüringer Kollege Conrad ist ebenfalls sicher: »Es gibt einen Markt für die zwar teureren, aber umweltfreundlichen Pflanzenfarben. Viele Verbraucher schauen heute nicht in erster Linie auf den Preis. Auch für Allergiker, die bestimmte chemische Stoffe in Textilien, Leder oder Druckprodukten nicht vertragen, sind die p...

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