Vertriebenen-Präsidentin abgeblockt

CDU-Politikerin Erika Steinbach kam wegen Protesten an der Universität Potsdam nicht zu Wort

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

Sprechchöre, blockierte Türen eines Hörsaals und schließlich ein Polizeieinsatz, bei dem Studenten verletzt wurden. Erinnerungen an 1968 kommen hoch. Diese Szenen spielten sich jedoch am Dienstagabend an der Potsdamer Universität ab.

Etwa 80 Menschen protestierten gegen den geplanten Auftritt der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach. Die CDU-Bundestagsabgeordnete war als Rednerin zu der Veranstaltungsreihe »Siedlungsgeschichte der Deutschen in Ostmitteleuropa« eingeladen.

Schon im Vorfeld hatte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) die Ausladung Steinbachs gefordert. Sie vertrete gegenüber Polen revanchistische Einstellungen, die nirgends ein Podium bekommen sollen, erklärte AStA-Öffentlichkeitsreferent Tamás Blénessy. Den AStA-Referenten für Hochschulpolitik, Malte Clausen, ärgerte, dass Steinbach »ausgerechnet an dem Ort, an welchem 1945 die europäische Nachkriegsordnung im Potsdamer Abkommen festgehalten worden ist«, ihre Positionen präsentieren sollte.

Die Referenten zeigten sich zufrieden über die Proteste. Auch der Landesverband der »Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen« (VVN-BdA) sprach von einem »engagierten und erfolgreichen Einsatz gegen Geschichtsrevisionismus«.

Heftig kritisierte der AStA das Vorgehen der Polizei. Es sei das erste Mal gewesen, dass eine Einsatzeinheit in voller Montur auf den Campus stürmte. Unter den Verletzten war auch die AStA-Vorsitzende Sabine Finzelberg, die sich wegen einer Verletzung am Arm im Krankenhaus behandeln lassen musste.

Scharf vom AStA kritisiert wird der Organisator der Steinbach-Einladung, Professor Eckart Klein. Mehrere Anwesende berichteten, dieser habe den Polizisten bei der Räumung der Blockade zugerufen: »Schlagt richtig zu«. Klein war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Universitätssprecherin Janny Armbruster betonte, die Polizei sei nicht von der Universitätsleitung, sondern von einem Teilnehmer der Veranstaltung gerufen worden. Von Seiten der Hochschule sei man sehr um Deeskalation bemüht gewesen und habe sogar schon im Vorfeld den Veranstaltern von einem Polizeieinsatz bei möglichen Protesten abgeraten. Der CDU-Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch erklärte, er habe die Polizei nicht gerufen, sich aber durch die Protestierenden bedrängt gefühlt.

Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) sagte, sie habe für die »handgreiflichen Ausschreitungen kein Verständnis«. Die Universität sei doch der richtige Ort für einen Dialog. Dagegen meinte der Landtagsabgeordnete Peer Jürgens (Linkspartei): »Eine Universität ist ein Ort wissenschaftlicher Diskussion, aber kein Ort von revisionistischen Positionen.«

Zumindest vorerst wird es zu keiner weiteren Konfrontation kommen. Die für den 3. und 17. Juni geplanten Veranstaltungen mit Erika Steinbach sind zunächst ausgesetzt worden.

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