Kranbau verhebt sich mit dem Namen

Eberswalder Ardelt-Werke sind mit Nazi-Zeit verquickt / Linkspartei gegen Rückbenennung

  • Veiko Kunkis
  • Lesedauer: 3 Min.

Vier Wochen schon tobt nun der Streit um die Umbenennung des Kranbau Eberswalde in Ardelt. Doch trotz zahlreicher Proteste und eines Appells aller Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung bleibt die Geschäftsführung dabei: Im Juli soll der Namenswechsel vollzogen werden.

Die Linkspartei will sich damit nicht abfinden: Die Stadtfraktion schrieb nun auch einen Protestbrief an den Aufsichtsratsvorsitzenden der KIROW Kranbau AG, Dr. Klaus von Dohnanyi. Und die Landtagsabgeordnete Margitta Mächtig (LINKE) wandte sich an den Vorstandsvorsitzenden Ludwig Koehne. Ihre Forderung: Das Unternehmen soll sich seiner Geschichte »in vollem Umfang« stellen.

»Klaus von Dohnanyi hat seinen Vater im KZ Sachsenhausen verloren. Wir können uns nicht vorstellen, dass er die Umbenennung befürwortet«, sagt Linksfraktionschef Wolfgang Sachse. »Der Name Ardelt steht für Kriegsgewinnler und die gnadenlose Ausbeutung von Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen. Eine Rückbenennung wäre auch ein Affront gegen das Andenken an Hans von Dohnanyi.« Der frühere Hamburger Bürgermeister von Dohnanyi – so die Hoffnung seiner Fraktion – werde die Umbenennungspläne stoppen. Der Brief an ihn ist unterwegs.

Bei Vorstandschef Koehne ging die Post am Mittwoch ein. Die Abgeordnete Mächtig schrieb ihm, mit dem Namen Ardelt würde die Unternehmensführung den Beschluss der Potsdamer Konferenz von 1945 ignorieren. Koehne wisse, dass die Ardelt-Werke auf Beschluss der Alliierten wegen ihrer herausgehobenen Stellung in der Nazi-Zeit abgebaut wurden. Die Ardelt-Werke seien verantwortlich für tausendfaches Leid, Missachtung und Verletzung der Menschenwürde, Tod und Folter im Werk Eberswalde. Mächtig hatte sich zuvor mit dem Eberswalder Kranbau-Vorstand Heinz Lindecke getroffen, der »sehr überrascht« gewesen sei über das, was sie ihm dargestellt habe. Ihr Resümee des Treffens: »Den Herren der Geschäftsführung fehlt die regionale Bindung. Weil sie keine ostdeutsche Biografie haben, ist bei ihnen auch das Gefühl für den Umgang mit der NS-Geschichte ein anderes, als wir es gewohnt waren.«

Das von der Geschäftsführung gern benutzte Argument, Krupp und Thyssen seien nach dem Krieg auch nicht umbenannt worden, sage viel. »Ich habe Herrn Lindecke erklärt, dass genau das eben der Unterschied war: Die DDR hat die Beschlüsse des Potsdamer Abkommens umgesetzt. Die Ardelt-Werke sind komplett abgebaut worden. Der Kranbau Eberswalde war eine völlige Neugründung und hatte mit Ardelt nichts mehr zu tun.« Das habe sie nun auch Koehne in ihrem Brief zu vermitteln versucht. Wenn schon Bekenntnis zu Geschichte, dann bitte in vollem Umfang, hat sie an den Vorstandsvorsitzenden geschrieben. So könne das Werk in Eberswalde eine Gedenktafel für Zwangsarbeiterinnen am Unternehmen anbringen und gemeinsam mit Eberswalder Schulen eine Wanderausstellung zur Geschichte der Firma erarbeiten.

Zwei der Baracken des einstigen Außenlagers des KZ Ravensbrück, in dem die Ardelt-Zwangsarbeiter untergebracht waren, stehen übrigens noch heute. Der Kulturverein EXIL will in einer der Baracken eine Ausstellung zum Lager und zur Rüstungsindustrie einrichten. »Auch dieser Verein könnte finanzielle Unterstützung gut gebrauchen«, sagt Mächtig.

Eine erste Reaktion von Koehne gibt es bereits: In einer E-Mail ließ er Mächtig wissen, dass er in den angeregten Punkten einen konstruktiven Ansatz sehe, den er gern mit ihr persönlich besprechen würde.

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