Alte Maschinen im S-Bahnbogen

Am Alex eröffnet demnächst ein Museum für Motorräder aus der DDR

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Sammler und sein Exponat
Der Sammler und sein Exponat

Der Lack glänzt wie gerade frisch poliert, in den verchromten Tanks spiegelt sich die Umgebung und die kleinen Seitenwagen lassen Kindheitserinnerungen aufkommen. Uwe Kobilke, ein Bauunternehmer aus Pankow, hat in den letzten drei Jahren über 80 Motorräder zusammengetragen. »Ich habe die Fahrzeuge aus den alten Bundesländern zurückgeholt«, sagt er lächelnd.

Er kaufte sie über das Auktionshaus eBay, holte die meisten aus Scheunen zwischen Schleswig-Holstein und Bayern ab. »Von jeder Ost-Serie besitze ich die entsprechenden Modelle«, sagt der 52-Jährige stolz. Ab Ende Juli werden sie im »1. Berliner DDR-Motorrad-Museum« gezeigt. Dazu baut der Weißenseer gerade einige S-Bahnbögen neben dem Berlin-Carré, nahe dem Alexanderplatz, um. Die Dauerausstellung passt an den Ort, der viele Touristen anzieht, findet er. Für manchen wird das Museum vielleicht auch eine Ergänzung zu den bereits bestehenden DDR-Expositionen in der Nähe.

»Ich denke, die Leute erinnern sich beim Anblick der Maschinen gern an vergangene Zeiten«, sagt der Unternehmer. So wie es Freunden und Bekannten erging, als er ihnen die ersten restaurierten Exemplare zeigte. Sie fühlten sich an ihre Jugend erinnert, erzählten Geschichten über gemeinsame Ausfahrten und die erste Liebe. Die Idee, ein Museum für die Maschinen einzurichten, war bald geboren. Eigentlich wollte Kobilke, der schon immer gern »fummelt und schraubt«, die Zweiräder nur für sich instand setzen. Bei der aufwendigen Arbeit in den vergangenen Monaten half ihm ab und an sein Sohn Patrick. Die Maschinen wurden in Einzelteile zerlegt, sandgestrahlt und lackiert. Größtenteils konnten sie die Originalteile wieder verwenden. Bis zum Umzug in die City bleiben die Maschinen in Kobilkes Weißenseer Werkstatt. Eine rot-weiße 250er TS, wie er sie früher selbst fuhr, steht neben einer blauen Schwalbe und einer Polizeimaschine von 1973. Daneben glänzen alte Seitenwagen, grüne Armee-Kräder und ein besonderes Exemplar: Ein tiefschwarzes Motorrad aus Honeckers Eskorte, die bei Staatsbesuchen zum Einsatz kam. Nur 80 Stück wurden von den Fahrzeugen mit DDR-Staatswappen auf der Windschutzscheibe gebaut.

Noch haben die Handwerker in den S-Bahnbögen das Sagen. Die Gewölbe wurden entrümpelt und Wände gereinigt, damit die roten und gelben Backsteine wieder zu sehen sind. In einem Bogen samt Untergeschoss wird künftig ausgestellt. Später will Kobilke Zweiräder vermieten und einen Restaurierungsservice anbieten. Für weitere sechs Bögen sucht er noch Nutzer. Er wünscht sich »kreative Gastronomen, die zum Standort passen«.

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