Favoriten legen Karten offen

Den ersten Stich macht der Luxemburger Kim Kirchen

  • Benjamin Haller
  • Lesedauer: 3 Min.

Ausreißer Luis Leon Sanchez vom spanischen Rennstall Caisse d'Epargne hat gestern die siebente Etappe der 95. Frankreich-Rundfahrt gewonnen. Der Spanier entschied das Teilstück über 159 km zwischen Brioude und Aurillac im Alleingang für sich. Das am Vortag eroberte Gelbe Trikot verteidigte der Luxemburger vom Team Columbia Kim Kirchen erfolgreich.

Bei den Buchmachern wird Cadel Evans als großer Tour-Favorit notiert, doch Columbia-Kapitän Kim Kirchen ist nicht nur bei Zockern längst mehr als ein Geheimtipp. Er eroberte am Ende einer für ihn optimal verlaufenen ersten Woche der Tour de France das »Maillot Jaune« – und ist jetzt auch für das Evans-Team zum Konkurrenten Nummer 1 aufgestiegen.

»Jetzt zählt Kirchen zu den Favoriten auf den Gesamtsieg, eine Entwicklung, mit der niemand gerechnet hätte«, sagte Silence-Lotto-Teamchef Marc Sergeant nach Kirchens Fahrt ins Gelbe Trikot im Skiort Super-Besse, die allerdings nur durch das Sturzpech Stefan Schumachers möglich wurde.

Der 30-Jährige vom T-Mobile-Nachfolger Columbia bemühte auch gar nicht erst die üblichen Understatement-Floskeln. »Alles ist mit diesem starken Team möglich. Mein Fokus ist auf das Gelbe Trikot gerichtet«, formulierte zum Top-Fahrer avancierte Kirchen seine Ziele.

Gestern behauptete er das Gelbe Trikot, aber ob er wirklich bereits auf Augenhöhe mit Evans ist, der von der »L'Équipe« vor der Tour als einziger Fahrer drei Sterne in der Favoriten-Klassifizierung zugewiesen bekam, wird sich wohl bereits bei der ersten schweren Bergetappe am Sonntag hinauf nach Bagnères-de-Bigorre zeigen. »Wir werden sehen, was in den Pyrenäen passiert, und ob ich mit den besten Kletterern mithalten kann«, sagte Kirchen.

Dem Australier Evans, der nach der 6. Etappe in der Gesamtwertung als Zweiter die Winzigkeit von sechs Sekunden zurücklag, spielt Kirchens Spitzenposition perfekt in die Karten. Nun kann der vorjährige Tour-Zweite, der 2007 im Gesamt-Klassement nur 23 Sekunden auf den Spanier Alberto Contador verloren hatte, in aller Ruhe die starke Columbia-Crew die Führungsarbeit machen lassen. Da seine Silence-Lotto-Mannschaft ohnehin zu den eher schwächeren Teams zählt und er selbst am liebsten die diskrete Mitläufer-Rolle ausfüllt, lautet seine Devise: »Gelb so spät wie möglich.«

Bei den Wettanbietern hat Kirchens starke Auftaktwoche nichts an Evans' Pole Position geändert: Der frühere Mountainbiker lag am Freitag mit einer Quote zwischen 1,9 und 2,0 klar vorn. Noch hinter dem Spanier Alejandro Valverde und dem zweifachen Vuelta-Gewinner Denis Mentschow aus Russland wurde Kirchen nur auf Rang vier mit einer Quote zwischen 11 und 12 gelistet.

Stefan Schumacher, dessen Ärger über die vermeintliche Schuld Kirchens an der Kollision kurz vor dem Ziel in Super-Besse am Freitag langsam verflogen war, wurde nach dem unglücklichen Verlust des »Maillot Jaune« unter ferner liefen aufgeführt.

Der Münsteraner Linus Gerdemann, der nach einer schweren Knie- Verletzung erst im August wieder Rennen fahren will und Interesse an einem Job im Milram-Rennstall bekundete, würde jedenfalls nicht alles auf seinen Columbia-Kollegen setzen. »Kirchen fährt bislang eine super Tour, aber ich glaube nicht, dass er am Ende in Paris ganz vorne sein wird. Das Schwerste kommt ja erst noch«, sagte Gerdemann. dpa

6. Etappe (195,5 km) am Do.: 1. Ricco (Ita) 4:57:52 Std., 2. Valverde (Spa) + 0:01 Min., 3. Evans (Aus) gleiche Zeit, 4. Schleck + 0:04, 5. Kirchen (beide Lux) gl. Zeit,..24. Knees (Euskirchen) + 0:27, 25. Schumacher (Nürtingen) + 0:32, 53. Voigt (Berlin) + 2:04.

Gesamtwertung nach der 6. Etappe: 1. Kirchen 24:30:41 Std.; 2. Evans + 0:06; 3. Schumacher + 0:16; 4. Vandevelde (USA) + 0:44; 5. Millar (Schottland) + 0:47,?...20. Knees + 2:04, 27. Voigt + 3:01, 47. Fothen (Kaarst-Vorst) + 6:36, 53. Zabel (Unna) + 7:51.

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