Wieder Nazis vor Gysis Büro

Rechte hielten nach Verweis aus Veranstaltung in Niederschöneweide Kundgebung ab

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 2 Min.

Es war ein gespenstisches Szenario: Auf der einen Straßenseite standen gut drei Dutzend Neonazis und hielten Transparente in die Luft, auf denen Absurditäten wie »Todesstrafe für Kinderschänder« zu lesen waren. Gegenüber – im Wahlkreisbüro vom Linksfraktionvorsitzenden im Bundestag Gregor Gysi – saßen Vertreter von der lokalen Antifa und des Vereins für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) und diskutierten zum Thema »Nazis in den Parlamenten«.

Nachdem ihnen die Teilnahme an der Informationsveranstaltung verwehrt worden war, erzählte das Mitglied der Treptow-Köpenicker Linksfraktion Hans Erxleben, meldeten die Braunen vor Gysis Büro in Niederschöneweide eine Kundgebung an. Unter den Teilnehmern seien auch ehemalige Wortführer der im März 2006 verbotenen Kameradschaften Tor und »Berliner Alternative Südost« gewesen, so Erxleben. Passanten und Radfahrer in der Brückenstraße in Niederschöneweide klatschten den Rechten vereinzelt Beifall.

Aus der Sicht von Polizeisprecher Carsten Müller verlief die Kundgebung friedlich. Das sieht eine Passantin, die anonym bleiben will, anders. »Ich wurde auf dem Nachhauseweg von den Rechten verfolgt und gefilmt. Das habe ich trotz Anwesenheit der Polizei als Bedrohungspotenzial empfunden«, erzählte sie.

Das Büro des linken Bundestagsabgeordneten inmitten der rechten Hochburg Niederschöneweide war in den letzten neun Monaten wiederholt angegriffen worden (ND berichtete) – zuletzt hatten vermutlich Rechte am vorletzten Juniwochenende die Scheiben des Büros mit Steinen schwer beschädigt. Gysi hatte kurz zuvor am 21. Juni eine Rede zu Ehren der Opfer der Köpenicker Blutwoche 1933 gehalten und Kränze für die Opfer niedergelegt. Am nächsten Morgen waren die Kränze gestohlen und Gysis Scheibe eingeworfen. Vor zwei Wochen wurden Mitglieder des Bezirksvorstandes der LINKEN, die in dem Büro zu einer Versammlung waren, aus den oberen Etagen des Hauses mit rohen Eiern beworfen.

Bereits im September 2007 hatten Unbekannte ebenfalls die Scheiben eingeworfen und Aufkleber rechter Kameradschaften und der NPD an die zerstörten Scheiben quasi als »Bekennerschreiben« geklebt. In allen Fällen wurde Anzeige erstattet, Täter wurden bisher nicht ermittelt.

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