Golfplatzverpachtung sorgt für Streit

Sarrazins Alleingang verärgert Parlamentarier / Änderung der Landeshaushaltsordnung gefordert

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die umstrittene Verpachtung des Golfplatzes am Wannsee durch den Finanzsenat für 99 Jahre wird wohl ein parlamentarisches Nachspiel haben. Haushaltsexperten der Abgeordnetenhausfraktionen von SPD, CDU und Grünen sowie die Fraktionschefin der Linkspartei sprachen sich für eine Überprüfung der Landeshaushaltsordnung (LHO) und für mehr parlamentarische Beteiligung und Kontrolle bei Immobiliengeschäften der Landesregierung aus.

Das Abgeordnetenhaus hatte den Verkauf des Golfplatzes an den »Golf- und Landclub Wannsee e.V.« für 3,6 Millionen Euro vor seiner Plenarpause zunächst verhindert und einen Pachtvertrag mit geänderten Konditionen gefordert. Jetzt wurde bekannt, dass Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) einen neuen Pachtvertrag bereits unterschrieben hat – für eine einmalige Pacht von drei Millionen Euro –, statt wie verabredet einen Vertragsentwurf nach der Sommerpause vorzulegen.

Aus allen Fraktionen, außer der FDP, hagelte es Kritik: Das Parlament sei übergangen worden, die Vertragsdauer sei zu lang, die Pacht zu niedrig. Florian Graf (CDU) nannte die Verpachtung einen »Affront gegen das Parlament« und forderte die sofortige Vorlage des Vertrages, da nicht klar sei, ob eine Beleihung des Grundstücks und damit eine Schädigung Berlins möglich sei.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Jochen Esser, sagte gegenüber ND, man habe zwar das maximal Mögliche herausgeholt, der Verkauf des rund 57 Hektar großen Areals sei verhindert worden. Zudem sei jetzt nichts mehr an dem Vertrag zu ändern. Die Art und Weise, wie der Senat den Golfplatz verpachtet habe, sei aber »kein guter Stil«, so Esser. Carola Bluhm, Vorsitzende der Linksfraktion, meinte, dass die Parlamentarier zu Recht verärgert seien. Schließlich habe man das Thema im Vermögensausschuss lange diskutiert. »Man hätte das jetzt auch zu Ende führen können.«

Daniel Buchholz (SPD) kritisierte den »skandalös niedrigen Pachtzins«. Mit dem Auslaufen des bisherigen Vertrages 2014 hätte die Möglichkeit bestanden, eine deutlich höhere Pacht zu nehmen. Die Verpachtung des Golfplatzes sei »das Paradebeispiel«, das gezeigt habe, dass die Beteiligungsgrenzen diskutiert werden müssten.

Bislang ist das Abgeordnetenhaus nach der LHO nur an der Entscheidung um Immobiliengeschäfte beteiligt, wenn diese mehr als fünf Millionen Euro betragen oder ein Grundstück unter Verkehrswert veräußert werden soll.

»Der Senat hat gezeigt, dass er die Exekutivrechte anwendet. Die gesetzliche Grundlage aber ist Sache der Parlamentarier«, und die müsse verändert werden, so Esser. Er könne sich vorstellen, eine »objektive Regelung« zu finden, ab welcher Höhe das Parlament an der Entscheidung beteiligt werden muss. Seine präferierte Möglichkeit wäre aber eine Regelung, nach der die Abgeordneten im Einzelfall darüber beraten, ob sie ein Geschäft an sich ziehen. Eine generelle Anzeigepflicht für Immobiliengeschäfte sei unabdingbar.

Nach ND-Informationen gibt es bereits einen Senatsentwurf für eine Änderung der LHO. Eine gute Gelegenheit, die Beteiligungsgrenzen »kritisch unter die Lupe zu nehmen«, so Buchholz.

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