Natalie lächelt wieder

XIII. Paralympics: Nach Messerattentat vor fünf Jahren zweimal Silber

  • Britta Körber
  • Lesedauer: 3 Min.

Der 25. Juni 2003 ist der Tag, der das Leben von Kinderkrankenschwester Natalie Simanowski auf einen Schlag verändert. Sie kommt von der Arbeit und beugt sich über den Kofferraum ihres Autos, da sticht ein psychisch Kranker sie mit einem Messer auf offener Straße nieder. »Meine Beine sackten weg. Ich wusste sofort, dass es etwas Schlimmes ist. Ich bin ja vom Fach. Dabei wurde mein Rückenmark ›nur‹ verletzt und nicht durchtrennt«, erzählt die 30-jährige Bahnradsportlerin von Bayer Leverkusen, die am vierten Wettkampftag der XIII. Paralympics im Pekinger Laoshan-Velodrom Silber in der Einzelverfolgung gewann, nachdem sie bereits Silber im 500-m-Zeitfahren geholt hatte.

Mittlerweile hat sie ihr Lächeln wiedergefunden. Die Erinnerungen an jenen 25. Juni 2003 blendet sie aus. »Das belastet mich nicht mehr«, sagt sie. Auch Gedanken an den Täter verschwendet sie nicht mehr. »Der sitzt immer noch in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie«, meint Simanowski, die eine inkomplette Querschnittlähmung hat. »Inkomplett bedeutet, dass ich nicht komplett ab meiner Verletzungshöhe gelähmt bin, sondern nur teilweise. Dadurch bin ich nicht immer auf einen Rollstuhl angewiesen«, sagt die in Augsburg wohnende Athletin, die das Gehen neu erlernen musste und die Klinik nach drei Monaten auf eigenen Füßen verlassen hat.

Nach zwei Jahren langwieriger Klinikaufenthalte suchte Simanowski, die vor ihrer Behinderung auf Landesebene eine ausgezeichnete Mittelstrecken- und Marathonläuferin war, eine neue Herausforderung. Im Internet fand sie den Kontakt zu Adelbert Kromer. Sie schrieb dem Bundestrainer der behinderten Radfahrer eine Mail, seither hat sie zwei bis drei Stunden pro Tag Training.

Mit ihrem 8000 Euro teuren Rad, das sich von den Hightechgeräten der Nichtbehinderten kaum unterscheidet, gewann sie 2006 drei WM-Titel. Natalie Simanowski hat zwei Beine, einige ihrer Gegnerinnen nur eins. »Dafür haben die einen Unterschenkel, den sie einsetzen können. Meine Unterschenkel sind beide taub«, betonte die Paralympics-Debütantin.

Bei den Paralympics in Peking verbesserte sie schon in der Qualifikation am Mittwochmorgen den Weltrekord auf 4:16,176 min. Im Finale war sie mit 4:19,396 min zwar 14 Sekunden schneller als die 52-jährige Amerikanerin Barbara Buchan, doch wegen der Einstufung als leichter Behinderte wurde sie nur Zweite.

Insgesamt gab es am vierten Wettkampftag für die deutsche Mannschaft fünf Medaillen: Silber für Bahnradfahrerin Natalie Simanowski, Schwimmerin Kirsten Bruhn (Neumünster) über 100 m Rücken und Diskuswerferin Frances Herrmann (Cottbus) mit Weltrekord 21,19 m sowie Bronze im Tischtennis für Andrea Zimmerer (Preetz) und Britta Näpel (Wonsheim) in der Dressurkür

Im deutschen Paralympics-Team hat es bei Dopingtests eine positive Probe gegeben. Nach Angaben des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) ist der Rollstuhlbasketballer Ahmet Coskun bei einer Trainingskontrolle am 23. August durch die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) positiv auf den Wirkstoff Finasterid getestet worden. Der 33-Jährige musste inzwischen die Heimreise antreten. dpa

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