Gegen Luxusmieten, für Subkultur

Heute wird in Mitte für den Erhalt des Wohnprojektes in der Linienstraße 206 demonstriert

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Das umstrittene Haus in der Linienstraße
Das umstrittene Haus in der Linienstraße

Es wird nicht besser in Berlins Mitte: Nachdem das Hausprojekt Brunnenstraße 183 und das Kulturprojekt Schokoladen durch neue Besitzer unter Druck geraten sind, trifft es jetzt auch das Wohnprojekt Linienstraße 206. Nachdem im Frühjahr bekannt geworden war, dass das Haus veräußert werden soll, hatten sich die Bewohner bemüht, das Projekt selbst zu erwerben. Doch es kam ihnen jemand zuvor: Tilmann Steinich, der neue Eigentümer, ist Geschäftsführer einer Immobilienfirma in Berlin-Mitte. Er will auf Eigenbedarf klagen und die Bewohner für 40 000 Euro rauskaufen. Die wehren sich.

Seit Mai 1990 wird das Haus in der Linienstraße 206 als kollektiver Raum von den Bewohnern sowie selbstorganisierten Gruppen genutzt. Damals wurde das leerstehende Gebäude besetzt, um es vor dem Abriss zu schützen. Zudem wollte man bezahlbaren Wohnraum in zentraler Lage erhalten. Mit der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) konnten Ende 1990 Mietverträge geschlossen werden.

Die Bewohner wollten das Haus über das »Freiburger Mietshäuser Syndikat« erwerben. »So hätten wir unser Projekt erhalten und es gleichzeitig dem Immobilienmarkt entzogen«, sagt Peter, einer der Bewohner. Im Jahr 2000 war ein solcher Versuch gescheitert, nachdem die Bewohner versucht hatten, das Haus als Genossenschaft mit Selbsthilfe auszubauen. Der Senat hatte jedoch kurz vorher die Förderung für alternative Projekte gestrichen. Die Bewohner wollen das Haus noch immer erwerben und fordern den Besitzer auf, ihnen ein bezahlbares Angebot zu machen oder vom Kauf zurückzutreten. Ein Gespräch mit dem neuen Eigentümer verlief ergebnislos. Den Eigenbedarf zweifeln die Bewohner an: »Das ist doch lächerlich, dass zwei Personen Eigenbedarf für ein Mietshaus anmelden wollen, in dem zur Zeit 18 Menschen wohnen, drei Bands proben sowie diverse Projektgruppen arbeiten«, sagt Peter.

Auch anderen Projekten in Mitte geht es ähnlich. So haben zum Beispiel das Kulturprojekt Schokoladen und die Brunnenstraße 183 ähnlich engagierte Eigentümer. Der des Schokoladens war zuletzt scharf in die Kritik geraten, weil er bullige Schläger vorschickte, sie als neue Mieter präsentierte und sich so Zugang zum Haus verschaffen wollte. Zwar wird um den Schokoladen wieder verhandelt, die Kündigungen zum Ende September sind jedoch nicht zurückgenommen.

Es geht bei der Demonstration also nicht nur um die Linienstraße. So heißt es im Aufruf: »Sie treiben die Stadtumstrukturierung voran und wollen dabei ordentlich verdienen. Das Resultat sind Edelboutiquen und Nobelkarossen an jeder Ecke. Mit der Konsequenz für Normalsterbliche: Unbezahlbare Wohnräume und erzwungener Wegzug von Menschen, die keine Luxusmieten zahlen können oder wollen. Für uns bedeutet dies das Ende der bunten linken, alternativen Subkultur in Mitte.«

Die Demo startet heute um 17 Uhr am Rosenthaler Platz in Mitte.

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