Schrauben, Muttern und kein Schlüssel

Der Maschinenbauer Louis Schwartzkopff erfindet den Universal-Schraubenschlüssel

  • Maria Curter
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob Häuslebauer, Heim- und Handwerker oder Autobastler, sie alle können ein Lied davon singen: Immer fehlt der passende Schlüssel, sei es für eine M4-, M6- oder M8-Schraube.

Louis Schwartzkopff hatte das Problem schon im 19. Jahrhundert erkannt und mit einer Erfindung gelöst. Als anerkannter Maschinenfabrikant erfand er den Universal-Schraubenschlüssel und erhielt am 31. Juli 1863 dafür ein preußisches Patent auf fünf Jahre. Es kam einer Revolution im Maschinenbau gleich. Wurden anfänglich beispielsweise Metallplatten vernietet, so setzten sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr Schrauben als Verbindung von Metallteilen durch, was in großem Maße zunächst durch den Eisenbahnbau befördert wurde.

Aber jeder stellte eine andere Größe dieser Verbinder her. Die Normierung wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts angestrebt. Mit dem von Schwartzkopff erfundenen Werkzeug war es möglich, Schrauben der unterschiedlichsten Form und Größe ihrer Köpfe ein- oder auszudrehen. Umgangssprachlich nennt man das Werkzeug auch »Franzose« oder »Engländer«. Im Gegensatz zum einfachen Maulschlüssel, der nur für eine Schraubengröße ausgelegt ist, kann man das so genannte Maul des Universalschlüssels durch eine bewegliche Backe der Größe des Schraubenkopfes anpassen.

Louis Viktor Robert Schwartzkopff, am 5. Juni 1825 als Sohn eines angesehenen Holzhändlers und Besitzer eines Gasthauses sowie Stadtverordneten in Magdeburg geboren, besuchte dort bis 1842 das Gymnasium und die Gewerbeschule. Gemeinsam mit Carl Siemens nahm er bei dessen Bruder Werner Mathematikunterricht. Danach ging er nach Berlin, um bis 1845 das von Peter Beuth gegründete Gewerbe-Institut zu besuchen. Dann absolvierte er bei August Borsig eine Lehre, die er mit einer sechsmonatigen Tätigkeit als Lokomotivführer abschloss. Danach arbeitet er als Maschinenmeister bei der Magdeburg-Wittenberger Eisenbahn.

Im Oktober 1852 gründete der 27-jährige verheiratete Vater zweier Kinder in der Chausseestraße 20 in Berlin (Mitte) mit finanzieller Unterstützung der Familie eine Maschinenfabrik und Eisengießerei. Zu dieser Zeit unternahm er mit seinen Freunden August Borsig und Werner Siemens ausgedehnte Reisen, insbesondere nach England und Frankreich, um die dortige Industrie zu studieren.

Schwartzkopff stellte zunächst Maschinen für den Bergbau her und konstruierte Dampfhämmer. Die große amerikanische Krise 1858 machte auch seinem Unternehmen zu schaffen. Als dann noch ein Brand 1860 seine Fabrik fast vollständig vernichtete, schien er am Ende zu sein. Mit dem Bau von Artilleriewerkstätten und der Gewehrfabrik in Spandau um 1861 erholte er sich wieder. Außerdem baute er Wasserstationen, Drehscheiben, Weichen, Lokomotivschuppen und Brücken für Eisenbahn-Gesellschaften. Beispielsweise stammte die Eisenkonstruktion des inzwischen abgerissenen Lehrter Bahnhofs in Berlin von Louis Schwartzkopff.

Am 12. April 1866 erhielt er ein weiteres Patent. Diesmal für einen »Dampf- und Luft-Motor«. Im Jahre 1867 lieferte er die erste Lokomotive an die damalige Niederschlesisch-Märkische Bahn. 1869 gründete er ein neues Werk in der Ackerstraße (Mitte). Von der Wirtschaftskrise 1877 war auch Schwartzkopff betroffen. Aber die Bekanntschaft mit Konstrukteuren der Marine verhalf seiner Firma wieder zum Aufstieg. Durch den Auftrag einer ausländischen Militärverwaltung produzierte er so genannte Kontaktminen. Außerdem begann er mit dem Bau von Torpedos und Torpedogeschützen für die Kaiserliche Marine. Und der Kaiser ehrte ihn mit dem Titel »Geheimer Kommerzienrat«.

Mit der zunehmenden Bedeutung seines Unternehmens kümmerte sich Schwartzkopff um Belange außerhalb seiner eigentlichen Fabrikanlagen. So gehörte er zu den Initiatoren des ersten deutschen Lokomotivverbandes und war jahrelang Vorsitzender des Zentralverbandes Deutscher Industrieller. Fürst Bismarck berief ihn als einzigen Industriellen in den Preußischen Staatsrat. Viele Jahre war Schwartzkopff Kurator des Lazarus-Krankenhauses in Berlin, dessen Entstehen es ihm wesentlich verdankte. Am 7. März 1892 starb er und wurde auf dem Dorotheenstädtisch-Friedrichwerderschen Friedhof I in der Chausseestraße 126 in Berlin (Mitte) begraben. Eine Straße und eine U-Bahn-Station (Mitte) sind nach ihm benannt.

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