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Tierisch

Mario Adorf erhält den Aachener »Orden wider den tierischen Ernst« 2009

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Mensch stammt vom Tier ab? Es ist ein gefährlicher Kurzschluss, den menschlichen Humor automatisch als Weiterentwicklung des tierischen Ernstes zu nehmen. Einige der Ansichten, die uns das Fernsehen alljährlich vom Fasching bietet, lassen eher auf Rückfall denn auf Fortschritt schließen. Betrachtet man, wer alles sich in Deutschland für humorvoll hält, versteht man auch den anderen Irrtum: warum sich so viele als Demokraten empfinden.

Aber vielleicht ist das Gegenteil tierischen Ernstes, bei dem kein Schwein lacht, gar nicht der menschliche Humor, sondern der tierische Witz, bei dem jedes Pferd wiehert? Der Aachener Karnevals-Orden, den es dafür gibt, wurde mitunter jedenfalls an recht lustige Vögel verliehen. Im Februar 2009 erhält ihn Mario Adorf. Ausgezeichnet werden »Humor und Menschlichkeit im Amt«.

Das sind schon mal drei sehr lustige Begriffe, die noch lustiger wirken, wenn man sie in einen Zusammenhang bringt: Amt und Humor und dann noch Menschlichkeit? Das geht auf keine Kuhhaut und kein Zwerchfell. Wobei natürlich die menschlichste Amtsführung etwa eines Herrschers darin bestünde, nicht mehr die Welt, sondern nur noch besagtes Zwerchfell zu erschüttern.

Mario Adorf immerhin, 1930 in Zürich geboren, ist ein internationaler Star, der das strenge Deutsche stets mit einem kräftigen Touch Galanterie und Süden adelt. Von der »Blechtrommel« bis zu »Kir Royal«, vom »Großen Bellheim« bis zu »Rossini« oder dem Hagen von Tronje in Dieter Wedels Wormser »Nibelungen«: Adorf kontert, und das ist tief gefühlter Humor, dem Leben abgeschaut, dem Leben entgegengesetzt. Ist er ein harter Kerl, ist er doch tapsig. Ist er Tragöde, lugt die Komödie aus den Klamotten. Ist er als Gauner im Anzug, bleibt er doch ehrliche Haut. Schlitzohr und Witzohr. Diesem Schauspieler wuchs mit den Jahren eine Sanftheit zu, die nie in Gegensatz zur Männlichkeit geriet – aber alles Patriarchalische lernte zu zwinkern. Das ist, bezogen auf Welt und Geschichte des Männlichen, ein großer Sieg des Humors. Wenigstens in der Kunst. Deren Amt darin besteht, menschlich zu sein. Weswegen sie keine Ämter hat. Nur ab und zu einen Orden hinnimmt. Und sei es als tierischen Spaß.

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