Uruguays Präsident jetzt parteilos

Bruch mit den Sozialisten

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 2 Min.
Uruguays Staatspräsident Tabaré Vázquez ist aus der Sozialistischen Partei ausgetreten. Er zog damit die Konsequenz aus der harschen Kritik der Partei an seinem Veto gegen eine Neureglung des Abtreibungsrechts.

Mitte November hatte Tabaré Vázquez (Foto: AFP) das Inkrafttreten eines neuen Abtreibungsgesetzes durch sein Veto verhindert. Das Gesetz hatte bereits alle parlamentarischen Hürden genommen. Es sah vor, dass Frauen die Schwangerschaft in den ersten zwölf Wochen abbrechen können, nachdem sie einem Arzt ihre Gründe dargelegt haben. Das Gesetz benannte auch die ökonomischen, sozialen oder familiären Bedingungen, unter denen ein Schwangerschaftsabbruch erlaubt sein sollte. Nach Ablauf der 12. Woche sollte er strafbar bleiben.

Bisher ist ein legaler Schwangerschaftsabbruch in Uruguay nur bei akuter Gefahr für das Leben der Mutter oder nach einer Vergewaltigung möglich. Frauenorganisationen schätzen jedoch, dass jährlich rund 35 000 illegale Abtreibungen vorgenommen werden. Die oft unfachgemäßen Eingriffe unter unhygienischen Bedingungen können große Komplikationen zur Folge haben.

Präsident Vázquez machte »philosophische und biologische Gründe« für sein Veto gegen die Neuregelung geltend. Doch dürfte er sich auch dem Druck der katholischen Kirche gebeugt haben. Die lief Sturm gegen die Gesetzesinitiative, mit der die bisherige Regelung aus dem Jahr 1938 verändert werden sollte. Der Erzbischof von Montevideo, Monseñor Nicolás Cotugno, hatte gar allen mit dem Ausschluss aus der katholischen Kirche gedroht, die für die Gesetzesvorlage stimmten.

Die parlamentarische Auseinandersetzung ging denn auch hin und her, bevor das Gesetz am 10. November die letzte parlamentarische Hürde nahm. 17 der 30 Senatoren stimmten für die Aufhebung des generellen Verbots des Schwangerschaftsabbruchs. Das Abgeordnetenhaus hatte der Gesetzesvorlage Anfang November mit nur einer Stimme Mehrheit zugestimmt.

Mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit hätte der Kongress das Präsidentenveto überstimmen können. Die kam jedoch nicht zustande. Auf ihrem Parteikongress Ende November feierten die Sozialisten dennoch den parlamentarischen Erfolg und kündigten an, die nach Vázquez' Amtszeit kommende Regierung bei der Lockerung des Abtreibungsrechts zu unterstützen. Im Oktober 2009 wird in Uruguay ein neuer Präsident gewählt. Vázquez darf laut Verfassung nicht wieder kandidieren. Der gab nun nach 25-jähriger Mitgliedschaft sein Parteibuch zurück. Die Sozialisten gehören dem breiten Linksbündnis an, für das Vázquez 2004 die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte.

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