Rundfunk ist über Gebühr belastet

Bei der Fusion von ORB und SFB erbte der rbb die wirtschaftlichen Probleme der Berliner

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Als stabile, wirtschaftlich gesunde Konstruktion wurde er den Gebührenzahlern in Berlin und Brandenburg angepriesen: Der nunmehr fünf Jahre alte Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb). Die Wirklichkeit dagegen sieht düster aus. Aber vor allem wegen Altlasten, die kaum zur Sprache kommen.

Ab 2009 sinke der Beitrag des rbb zum ARD-Gemeinschaftsprogramm auf 6,6 Prozent, heißt es in der Antwort der Landesregierung auf eine große Anfrage der Regierungsparteien SPD und CDU. Bislang betrug der rbb-Anteil am Gemeinschaftsprogramm 6,85 Prozent. In ihrer Anfrage erkundigten sich die Abgeordneten nach dem Zustand des rbb, der am 1. Mai 2003 an den Start ging.

Allzu viel Gutes kann die Regierung nicht verkünden. Der Sender ist in akuten Geldnöten und muss sich deshalb von Programmteilen und ganzen Angeboten trennen. Das Magazin »Polylux« wird nur noch bis Ende des Jahres produziert. »Radiomultikulti« soll abgeschaltet werden. Begründet wird die sinkende Bedeutung des rbb von der Landesregierung mit den »überdurchschnittlich hohen Gebührenausfällen im Sendegebiet«. Wer nur ein sehr geringes Einkommen hat, muss keine Rundfunkgebühren bezahlen.

Ein weiterer Grund sei der ungerechte Finanzausgleich zwischen den ARD-Sendern, weil sie Anstalten in einem Gebiet mit vielen Einwohnern privilegiere und Anstalten in Gebieten mit wenigen Einwohnern diskriminiere, heißt es. Zu bedenken gegeben wird dabei, dass ein wesentlicher Teil der Kosten unabhängig von der Zahl der Zuschauer und Zuhörer anfällt. Da seien Sender mit einem bevölkerungsstärkeren Einzugsgebiet besser dran. Hier sollte sich nach Ansicht der Landesregierung etwas ändern. Auf jeden Fall müsse die wirtschaftliche Lage des rbb verbessert werden.

Vor fünf Jahren gab es für die Fernsehzuschauer der Region eine Halbierung des Fernsehprogramms. Gab es bis dato zwei Vollprogramme, nämlich der brandenburgische ORB und der Sender Freies Berlin (SFB), so blieb nur das Programm des rbb. Von einer Reduzierung der Rundfunkgebühren in Folge der eindeutig reduzierten Leistung war nicht die Rede. Doch gab es – als Süßspeise sozusagen – die Versicherung, dass nun alles bestens sei und eine wirtschaftlich gesunde Anstalt stolz in die Zukunft blicken könne. Als es zur Fusion kam, war der ORB mit 681 fest angestellten Mitarbeitern eine finanziell gesunde Sendeanstalt. Der damalige SFB mit seinen 1176 gut bezahlten festen Mitarbeiter war es schon längst nicht mehr. Die beiden Anstalten zusammenzuspannen, bedeutete nichts anderes, als dass nun auch die Brandenburger für die Probleme des SFB aufkommen müssen. Die jetzige Bilanz wird auch durch Vereinbarungen über fürstliche Altersversorgungen von Ex-SFB-Mitarbeitern verhagelt. Mindestens acht Prozent des heutigen Gebührenaufkommens gehen gar nicht in das rbb-Programm. Sie wandern in die Altersversorgung von Menschen, denen man ein Mitarbeitergehalt für den Rest ihres Lebens zugesagt hat. Dabei handelt es sich um Menschen, die vielleicht vor 15 Jahren zum letzten Mal dort gearbeitet haben.

Gefragt wurde die Landesregierung, ob es in der Vergangenheit Kritik an der »Verwendung der Finanzmittel« gegeben habe. Bereitwillig räumte sie ein, dass es im Mai 2008 »zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Sendung ›Stilbruch‹ gekommen« sei und dass es »einzelne kritische Bemerkungen« gegeben habe. Die strukturellen und grundsätzlichen Probleme kamen nicht zur Sprache. »An der Verwendung der Finanzmittel hat der Rundfunkrat in den vergangenen Jahren keine Kritik geübt«, heißt es.

Eine erneute Gebührenerhöhung um 95 Cent pro Monat hat der rbb in seinen Wirtschaftsplan für 2009 schon mal einbezogen. Der brandenburgische Zuschauer erinnert sich an eine Zeit, als es das Fernsehen kostenlos gab. Damals konnte er gebührenfrei zwei DDR-Fernsehsender empfangen und dazu noch zwei öffentlich-rechtliche der Bundesrepublik, für die niemand bei ihm abkassieren konnte.

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