Der herbe Duft des Geldes

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Gleich im Prolog kommt der Mörder selbst zu Wort. Der Leser erfährt auch gleich das Motiv. Im Dunkeln tappt zunächst nur der Journalist Harry Belgerath, der in der Gegend von Belzig in einer alten Mühle lebt und zwei Todesfälle auf Ausflugsdampfern in Berlin und Potsdam aufklären will, die ihm mysteriös erscheinen. Die für das Genre eigentlich typische Spannung fehlt dem Kriminalroman »Der herbe Duft der Chrysantheme« eigentlich völlig. Es gibt keine großen Überraschungen. Unterhaltsam ist das Buch trotzdem.

Der Mörder sehnte sich als Kind danach, den Havelkahn seines Großvaters zu übernehmen und Binnenschiffer zu werden. Doch der Vater zwingt den begabten Jungen, Medizin zu studieren. Der Junge möchte seinen Vater am liebsten umbringen, doch der stirbt eines natürlichen Todes. Ermordet werden stattdessen andere Männer. Sie sind alle über 80 Jahre alt und zu einem Vermögen gekommen, während die Söhne ihre Anstellung verloren und eigene Firmen mangels Eigenkapitals Pleite gingen.

Der Kriminalroman handelt weitgehend im Brandenburg der Jahre 1997 und 1998. Er schildert familiäre Konflikte, die sich durch die gesellschaftlichen Verhältnisse extrem verschärfen, und hinterfragt Moralvorstellungen und Werte. So bekommt das Buch eine politische Dimension. Da ist der Chefarzt, der seinen Posten wegen einer angeblichen IM-Tätigkeit verliert, obwohl er niemals wissentlich Berichte für die Staatssicherheit schrieb, und da ist der Künstler, dessen Wandbilder mit den Gebäuden der Lychener LPG verschwinden, bis auf ein Bild, das in die USA verkauft wird. Der Autor CarlOtto betont, er habe sich alles nur ausgedacht. Die Überschneidungen von Fantasie und Wirklichkeit sind zufällig und zugleich zwangsläufig.

Carl Otto: »Der herbe Duft der Chrysantheme«, Edition Märkische Reisebilder, 382 Seiten (gebunden), 19,95 Euro, ND-Bestellservice, Tel.: (030) 29 78 17 77

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