Nazi-Pulk kam nicht zum Weitlingkiez

Polizei räumte linke Demonstranten gewaltsam von der Straße / Bürgermeisterin abgeführt

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 2 Min.

Was als friedlicher Protest am S-Bahnhof Karlshorst begann, mündete in massive polizeiliche Gewalt gegen gegen Demonstranten, die mit zwei Sitzblockaden einen Marsch von etwa 600 Neonazis, die aus vielen Bundesländern nach Berlin gekarrt worden waren, verhindern wollten.

»Ein Kessel Buntes gegen braune Brühe«, hieß es zu Beginn des Tages am Ausgangspunkt der Gegenaktionen. Die Stimmung war locker, doch entschlossen. Lichtenberg will keine Nazis. Überall Plakate, riesengroße Transparente und Trillerpfeifenkonzerte, die dem schwarzen Haufen deutlich zeigten: Rechte Krakeeler sind hier unerwünscht.

»Liebe Demonstranten«, hieß es noch zu Beginn über Polizeilautsprecher, »ich bitte Sie ganz herzlich ...«. Der Ton sollte sich ändern. Ansonsten nur kleinere Geplänkel. Rechte filmten Antifa, Polizei filmte Rechte und Antifa, die filmten zurück.

Die Sprüche der rechten Brüller waren von kaum zu überbietender Einfalt: »Nieder mit der roten Pest«, »Ruhm und Ehre den Deutschen«, »national und sozial – yes, yes, yes«.

Ein Riesenaufgebot von 1600 Polizisten, unterstützt von Wasserwerfern, Hunden und Mannschaftswagen, eskortierten die rechten Kolonnen durch Karlshorst. Gleichschritt war polizeilich verboten, doch die Stiefel stampften im Takt.

An der Ecke Sewanstraße dann die erste Zwangspause. Rund 30 Antifa hatten sich auf die Straße gesetzt, zeigten die von der Politik geforderte Zivilcourage und verweigerten trotz dreifacher polizeilicher Aufforderung die Räumung der Straße. Jetzt eskalierte die Situation. Polizei stürmte auf die Sitzenden zu, riss sie vom Boden, die Arme der Protestierer wurden verdreht und gefesselt. Dann wurden die Blockierer zu einer Sammelstelle abgeführt und die Personalien aufgenommen, da sie an einer »illegalen Aktion« teilgenommen hätten. Sie müssen nun mit einer Anklage rechnen. Betroffen auch Lichtenbergs Bezirksbürgermeisterin Marlies Emmrich (Linkspartei), die recht unsanft abgedrängt wurde.

Nun war die Situation kaum noch unter Kontrolle zu halten, die polizeiliche Chance auf einen friedlichen Abbruch vertan. Papiercontainer gingen in Flammen auf, tausende Containerflaschen landeten auf der Straße. Die nächste Blockade dann an der Volkradstraße. Die Polizei wurde immer nervöser. Wieder die »letzte Warnung«, wieder der gewaltsame Abtransport der Demonstranten, einige wurden weggeschleift. Erst jetzt mussten die rechten Kolonnen nach Stunden des Zwangswartens abdrehen. Die Bezirksbürgermeisterin zeigte sich dennoch zufrieden: Der geplante Marsch durch den Weitlingkiez, jenem sozialen Brennpunkt, den die Neonazis gern für sich beanspruchen, konnte verhindert werden.

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