»... aber man singt schon unsere Lieder«
LINKE will mit ihren Qualitäten werben / Schülerdatei bleibt auch nach Parteitag Diskussionsthema
»... weil uns nichts geschenkt wird«, sagte Landesvorsitzender Klaus Lederer am Schluss seiner Parteitagsrede außerhalb des Manuskripts und schon im Weggehen. Da hatte er das Superwahljahr 2009 im Blick, wohl seine bisherige und auch die neue Amtszeit als Chef der Berliner LINKEN. Das Verhältnis zwischen Bundes- und Landespartei hätte da gemeint sein können, nicht zuletzt auch der scharfe Streit mit dem Koalitionspartner um die Abstimmung am Freitag im Bundesrat. All das und mehr spielte eine Rolle auf dem Landesparteitag am Wochenende in der Lichtenberger Max-Taut-Schule.
Wegen des Protestes gegen den Naziaufmarsch im Bezirk begann die Debatte am Samstag mit einiger Verzögerung. Denn nicht wenige der über 150 Delegierten der insgesamt 9500 Mitglieder des Landesverbandes zeigten sich und damit Gesicht und Flagge auf den Demonstrationen und Kundgebungen. Von hart umkämpften Schauplätzen gaben manche Genossen Nachricht. Die wurde in den Saal weitergeleitet und auch mit Beifall bestätigt. Am Abend kam die Demo persönlich am Tagungsort vorbei, die Delegierten gingen kurz hin.
Den Kampf gegen Rechtsextremismus hatte als Auftaktredner Bundesvorsitzender Lothar Bisky programmatisch bereits als ein Hauptthema des kommenden Jahres eingeordnet. In Berlin könne man sehen, so lobte Bisky die Genossen, wie der Öffentliche Beschäftigungssektor, die Sicherung der Daseinsvorsorge und die Gemeinschaftsschule an Durchsetzungskraft gewinnen. Es sei auch die Debatte über den Mindestlohn angeschoben worden. Die LINKE habe sich gegen eine zögerliche SPD durchgesetzt, endlich sei es zu einem Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst gekommen.
Die Probleme werden jedoch nicht weniger, machten Anträge und Debatte deutlich. Gefordert wurde eine »neue Sachlichkeit« im Umgang mit der Geschichte der DDR, um besser gegen »Geschichtsklitterung« vorgehen zu können. Von einer Demontage der Handlungsfähigkeit der Bezirke durch Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) war da zornige Rede. In der Flüchtlingsunterkunft Motardstraße wurden menschenunwürdige Bedingungen festgestellt. Dagegen sei vorzugehen. Die Schülerdatei traf im und auch am Rande des Parteitages auf Protest und bleibt Diskussionsthema im Landesausschuss. Das gilt auch für die Krise mit der SPD. Der Koalitionsausschuss wird aber nicht einberufen. Die Situation soll im Rahmen der üblichen Gespräche geklärt werden.
Von Erfolgen der LINKEN, die nicht nur auf dem Papier stehen, sondern in Berlin schon umgesetzt seien, berichtete Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner. Weiteren Widerstand gegen die Ausführungsverordnung (AV) Wohnen für Hartz IV-Empfangende begründete sie damit, dass die Menschen ihre Zeit besser für Arbeits- als für Wohnungssuche verwenden sollten. Doch das Bundesrecht fordere einen Umzug in »angemessenen« Wohnraum bereits nach einem halben Jahr. Die LINKE fordere ein ganzes Jahr, denn 43 Prozent der Betroffenen kämen in eben einem Jahre wieder in Arbeit.
Die Partei solle mit ihren Qualitäten werben, machte Klaus Lederer Mut. »Wir sind gut aufgestellt.« Schon gar nicht werde man einen Keil zwischen Landesverband und Bundespartei treiben lassen.
Optimistisch war auch Theresa Maria Thiel. Sie erinnerte an Franz-Josef Degenhardts legendäre Liedzeilen »spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder«, und ergänzte: Noch »spielt man nicht mit uns, aber man singt schon unsere Lieder«.
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