Den Schmerz der Welt aufrufen
Hans-Eckardt Wenzel über Poesie und Musik, Freiheit und Disziplin, Heimat und Volkskunst
HANS-ECKARDT WENZEL, geboren 1955 bei Wittenberg, war Mitglied der Liedtheatergruppe »Karls Enkel« und von 1978 bis 1999 Teil des Clowns-Duos »Wenzel & Mensching«. Er veröffentlichte Gedichtbände und arbeitete am Theater. 1986 erschien seine erste Schallplatte »Stirb mit mir ein Stück«. Neben eigenen Liedern schrieb er Musik zu Texten von Theodor Kramer, Woody Guthrie und anderen. Am Donnerstag (18.12., 21 Uhr) gibt Wenzel ein Konzert mit alten und ganz neuen Liedern im Kesselhaus der Kulturbrauerei, Berlin. MARTIN HATZIUS traf ihn zum Gespräch.
ND: Sie mögen das Wort »Liedermacher« nicht. Was stört Sie daran?
Hans-Eckardt Wenzel: Dieses Wort gibt dem Vorgang des Produzierens eine dilettantische Note. Andere Nationen nennen das Chansonnier, Singer/ Songwriter oder Poet. Hier tut man so, als ob es sich um Bastelei handele, als hätte das Produkt weder mit Poesie noch mit Musik zu tun.
Welchen Stellenwert hat die Musik für Sie?
Was in der Poesie unter der Textstruktur verborgen liegt, Rhythmus und Melodie, kann Musik befreien und in einen neuen, nonverbalen Zusammenhang heben. Die Rhapsoden der Antike nahmen Rhythmus und Melodie als Medium an, in dem der Text haltbar blieb. Der Ursprung aber ist die Musik – der Pulsschlag, der den Raum aktiviert. Vor der Schriftsprache war es nur möglich, sich Texte zu merken, indem man sie sang. Dadurch entstehen tiefere Verankerungen in unserem Gedächtnis.
Seit wann spielt Musik diese wichtige Rolle in Ihrem Schaffen?
Für mich wurde sie n...
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