»Krümelchen«

Julia Axen wird 65

Etwas früh, schon vor etwa 20 Jahren oder mehr, reihte man auch sie in die von Herbert Klein geleitete Gruppe der »Oldies« - Anglizismen also auch schon zu DDR-Zeiten - beim Komitee für Unterhaltungskunst ein. Dabei wird sie erst heute 65. Und zu alt zu Auftritten, heute Abend etwa im Kleinen Saal der Chemnitzer Stadthalle, fühlt sich Julia Axen noch immer nicht. Trotz grauer Haare, die sie bewusst nicht färben lässt. Zum Charme der reifen Frau gehören heute Chansons und Lieder, zum Beispiel von Bécaud und Theodorakis, und auch Jazz. Gern singt sie Lieder von Udo Jürgens, etwa »Gut und böse« - im Repertoire seit dem 11. September 2001. Begonnen hatte alles im Jugendklub »Helmut Just« in der Gartenstraße in Berlin-Mitte. Julia war Mitglied eines Chores und begleitete ihn bei Auftritten mit der Gitarre, aber auch bei eigenen kleinen Soloaufgaben mit Volksliedern und Schlagern. Der Zufall wollte es, dass im selben Haus Alfons Wonneberg, der spätere Leiter der Tanzmusikabteilung der Berliner Hochschule für Musik »Hanns Eisler«, mit seinem Orchester und Solisten probte. Julia Axen hörte zu und ließ aus dem Hintergrund auch ihre Stimme hören, als Heinz Schulze, damals tenoral mit Einschmeichelndem beliebt, gerade sang. Alfons Wonneberg wurde auf die 17-Jährige aufmerksam, Heinz Schulze mitunter ihr Duettpartner. Ostern 1954 gab es dann den ersten Auftritt mit »Mein Teddy muss nun ins Bett«. Ein leicht niedlicher, dennoch natürlicher Ton herrschte eine Weile weiter vor: »Baby, ich geh mit Vati aus«, »Ein kleiner Eskimo«, »Papa, du bist so reizend«, »Schlaf ein, kleiner Liebling«, »Die kleine Spieluhr«. Melodisch weit ausschwingend konnte sie »Eine Welt ohne dich« besingen - wie in Zeiten des Tingelns auch »Ganz Paris träumt von der Liebe«. Nach der Begegnung mit Alfons Wonneberg war es Schlag auf Schlag gegangen: 1954 Sieg bei einem Talentewettbewerb im Pankower Bürgerpark, begleitet vom Orchester Heinz Igel, entsandt von ihrem Jugendklub; 1955 erste Rundfunksendung »Per Draht gefragt« mit Horst Lehn und Rolf Krickow aus Stralsund. Dann war es für »Krümelchen« geschafft. Heinz Quermann holte die Axen für »Da lacht der Bär«. Alfons Wonneberg, Heinz Igel und Alo Koll gingen mit ihr auf Tournee. Und sie sang auch zu Blasmusik der Gessentaler Musikanten. Heute steht bei ihren durchaus noch zahlreich zu nennenden abendfüllenden, selbst moderierten Programmen in der Regel keine Band mehr hinter ihr, so sehr sie sich das wünschte. Deren Klänge hat sie auf dem Tonband eingefangen, zu dem sie - wie manche ihrer Kollegen, z. B. Vera Schneidenbach - halb playback singt, also live zum Abspiel des »Orchesterbandes«. Mehr als 20 Länder auf drei Kontinenten hat Julia Axen singend bereist, osteuropäische zumal. Aber schon in den Siebzigern ging es in die Bundesrepublik. Hinzu kamen Schweden, Kuba, Libanon, Syrien. Als 1988 AMIGA eine Porträt-LP auf den Markt brachte, gehörten auch »Wenn der S...

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