Al Timm

Gottfried Timm / Der SPD-Politiker, einst Innenminister in Schwerin, wird jetzt Ökoaktivist

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Theologe Gottfried Timm, von 1998 bis 2006 Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, zählte nicht immer zu den Lieblingen der Umweltschützer. Noch im vergangenen Oktober bezog er Prügel von der »Klima-Allianz«, nachdem die große Koalition die Volksinitiative gegen das Steinkohlekraftwerk in Lubmin niedergestimmt hatte: Der umweltpolitische Sprecher der SPD, schrieben die Kraftwerksgegner, habe »heute gezeigt, dass Klimaschutz« für ihn »nur ein Lippenbekenntnis« sei.

Der Politprofi, der schon Bezirkschef, parlamentarischer Geschäftsführer, Fraktionsvorsitzender und sogar im Bundesvorstand seiner Partei war, scheint sich dies tatsächlich zu Herzen genommen zu haben. Wenige Wochen später sorgte seine Stellungnahme gegen eben dieses Kraftwerk für einen Koalitionskrach. Nun hat er den Eintritt in den BUND und seine Verwandlung in einen Öko-Graswurzelaktivisten angekündigt.

Es sei ihm ein Bedürfnis, wieder »unten« zu arbeiten, begründete Timm dieser Tage seinen etwas überraschenden Rückzug aus dem SPD-Landesvorstand nach beinahe zwanzig Jahren. Besonders am Herzen liege ihm der Klimaschutz: »Meine zentrale politische Aufgabe ist es, den Kindern eine bewohnbare und sichere Welt zu hinterlassen.« Nun will er »gemeinsam mit den Menschen vor Ort Projekte auf den Weg bringen«.

Es gibt keinen Grund, Timms Ernsthaftigkeit anzuzweifeln. Allerdings bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich neu zu erfinden. 2006 ging er bei der Ministerienvergabe leer aus. Der Trostpreis wäre das Schweriner Rathaus gewesen, doch konnte er sich nicht gegen Angelika Gramkow von der Linkspartei durchsetzen.

Beim Plakatemalen kann man sich den weltmännischen Politiker, Jahrgang 1956, beim besten Willen nicht vorstellen. Sein Landtagsmandat will er auch vorerst behalten. Ansonsten wird Timm Vorträge halten, Appelle lancieren, vielleicht ein Buch schreiben. Diesen Edel-Aktivismus verkörpert niemand so prominent wie der von Bush ums Amt gebrachte Al Gore. Ist es ein Zufall, dass es Timm war, der dessen Oscar-gekrönten Katastrophenfilm vor einem Jahr in Schwerin präsentierte? Eine Art Al Gore von Mecklenburg-Vorpommern: Das wäre genau seine Kragenweite.

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