- Politik
- Iraker kommen aus syrischen und jordanischen Flüchtlingslagern
Verfolgt, gebildet, Deutschkenntnisse
Flüchtlinge müssen viele Kriterien erfüllen
Von rund 2 Millionen irakischen Flüchtlingen, die in Syrien, Jordanien, Libanon, in der Türkei, in Ägypten, den Golfstaaten oder Iran Schutz gesucht haben, dürfen in den nächsten sechs Monaten 2500 Ausgewählte nach Deutschland kommen. Voraussetzung ist zunächst, beim UN-Hilfswerk für Flüchtlinge, UNHCR, registriert und für ein Resettlement-Programm vorgemerkt zu sein. In Frage kommen Menschen, die besonders schutzbedürftig sind: alleinerziehende Mütter, elternlose Kinder, Kranke, Behinderte, Traumatisierte.
Strenge Anforderungen
Die Bundesrepublik stellt aber noch darüber hinausgehende Ansprüche. Die Menschen, die schließlich einreisen dürfen, wurden zuvor genauestens durchleuchtet. Um sicher zu sein, »dass auch die Richtigen kommen«, wie Marlene Kerpal vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) es ausdrückt. So sollten sie einer verfolgten (religiösen) Minderheit angehören, von ihrer Schul- und Berufsausbildung her »integrationsfähig« sein, bereits deutsch sprechen und familiäre Bindungen nach Deutschland haben. Wer diesen Kriterien nahe kommt, wird nach dem UNHCR im Gastland (Syrien, Jordanien) noch vom UNHCR in Beirut und Genf überprüft. Dann geht die Akte zum BAMF in Nürnberg, wo sich eine »Expertengruppe« mit dem Antrag befasst.
Nach der dortigen Vorauswahl folgt eine nicht näher bezeichnete Sicherheitsprüfung. Dann gehen die Unterlagen in das jeweilige Gastland zurück, wo die Kandidaten einen umfangreichen Fragebogen beantworten müssen. Keine Chance haben laut einem Informationsblatt des UNHCR Deutschland Personen, die bei der Aufrechterhaltung des früheren Systems in Irak eine »besonders bedeutsame« Funktion hatten, die nach deutschem Recht als Straftäter gelten oder bei denen »Anhaltspunkte« bestehen, dass sie »Verbindungen zu kriminellen oder terroristischen Vereinigungen« haben könnten.
Nach Auskunft von Kerpal werden 2000 der Flüchtlinge aus Syrien kommen, 500 aus Jordanien. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hat den Auftrag, die ausgewählten Flüchtlinge medizinisch zu untersuchen und den Transport zu organisieren.
Normalerweise erhalten Flüchtlinge in einem Resettlement-Programm einen Status, der mit dem der Bürger des Aufnahmelandes vergleichbar ist. Dies betrifft u.a. die Bewegungsfreiheit, den Zugang zu Bildung und Arbeit, Gesundheitsversorgung, Reise- und Ausweispapiere. In Deutschland allerdings werden die irakischen Flüchtlinge nicht nach der Genfer Flüchtlingskonvention mit entsprechenden Dokumenten anerkannt, sondern lediglich nach dem Aufenthaltsgesetz als humanitäre »Kontingentflüchtlinge« für zunächst drei Jahre aufgenommen. Diese befristete Aufenthaltsgenehmigung kann verlängert werden und in eine unbefristete Niederlassungserlaubnis übergehen. Einen Schutz, wie anerkannte Flüchtlinge ihn haben, erhalten die nun kommenden Iraker nicht.
Dauerhafte Aufnahme
Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen fordern die Bundesregierung daher auf, sich im Rahmen eines Resettlement-Programms zu verpflichten, »ein jährliches Kontingent von Flüchtlingen dauerhaft aufzunehmen und zu integrieren«. Insbesondere müssten die Flüchtlinge mit dem Status ausgestattet werden, der ihnen nach der Genfer Flüchtlingskonvention zusteht.
Im Mai 2008 initiierten die Organisationen die Kampagne »Save Me«. Um den irakischen Flüchtlingen das Einleben so einfach wie möglich zu machen, wollen Botschafter und Paten die Neuankömmlinge betreuen. Nach München haben sich inzwischen 25 Städte und Gemeinden dem Projekt angeschlossen.
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