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Kortison greift in die Zellteilung ein
Wiener Forscher klären weiteren Wirkmechanismus des Hormons auf
Das Nebennierenhormon Kortison und seine chemischen Verwandten sind für viele Erkrankungen des Immunsystems unentbehrliche Medikamente. Wegen möglicher Nebenwirkungen sind diese Stoffe allerdings nicht unumstritten. Deshalb ist eine genauere Kenntnis seines Wirkungsmechanismus wünschenswert, um diese unerwünschten Effekte gezielt zu vermeiden. Nun berichten österreichische Mediziner im medizinischen Fachblatt »FASEB Journal« (Bd. 16, S. 177) über neue Erkenntnisse zur Wirkung des Hormons. Die Wissenschaftler um den Pulmologen Lutz-Henning Block vom Wiener Universitätsklinikum konnten sowohl im Labor als auch bei der Therapie am Menschen zeigen, dass das Hormon in existierende Mechanismen der Wachstumskontrolle eingreift, seine entzündungshemmende Wirkung also auf anderen Wegen erreicht als bisher angenommen. Damit sieht Block die Beherrschbarkeit der unterschiedlichen, auch unerwünschten Wirkungen von Kortison zum ersten Mal in greifbare Nähe gerückt, meldet die Agentur Pressetext Österreich.
Die Ergebnisse des Wiener Teams bauen auf der im Jahre 2001 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichneten Erkenntnis auf, dass die Zellteilung durch mehr als 100 stimulierende und blockierende Gene gesteuert wird. Block und sein Team fanden nun heraus, dass ein wachstumshemmendes Gen, p21, von entscheidender Bedeutung für die Wirkung von Kortison ist. Die antientzündliche Wirkung von Kortison beruht, wie das Team um Block erkannte, einerseits auf einer Hemmung des Wachstums von Entzündungszellen durch Aktivierung des Gens p21. Andererseits blockiert Kortison die Bildung von Mediatoren, die in der Zelle für das Entstehen von Entzündungen verantwortlich sind.
»Kortison entfaltet seine Wirkung durch die Beeinflussung der Gen-Transkription«, erläutert Blocks Kollege Rolf Ziesche. Das ist der mehrstufige Vorgang, bei dem durch Kopie der Erbinformation von der in den Chromosomen des Zellkerns vorhandenen DNA auf das chemisch ähnlich aufbebaute Molekül RNA die Synthese der Eiweißbausteine der Zelle bewirkt. Das Kortison muss deshalb, so Block, erst einmal in den Zellkern gelangen, um seine Wirkung zu entfalten. Bedenkt man, dass die Gesamtheit der Steuerungswirkungen der an der Zellteilung beteiligten Gene noch keineswegs bekannt ist, scheint der Optimismus der Wiener Mediziner, nun könne man maßgenaue Entzündungshemmer mit exakt vorhersehbarer Wirkung entwickeln, etwas verfrüht. Immerhin könnte bei weiteren Untersuchungen endlich aufgeklärt werden, auf welche Weise v...
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