Der Aufschwung ist da – für Waffen

Deutschland ist zum weltweit drittgrößten Todeshändler aufgestiegen

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Branche boomt trotz Finanz- und Wirtschaftskrise, wie ein gestern vom Friedensforschungsinstitut SIPRI vorgelegter Report zeigt – der internationale Waffenhandel. Und Deutschland nimmt einen Spitzenplatz beim Export von Kriegsgütern ein.

Das nennt man eine Erfolgsbilanz: Die deutschen Rüstungsexporte sind in den vergangenen fünf Jahren um 70 Prozent gestiegen. Das »Stockholm International Peace Research Institute« erfasst dabei auch den Handel mit gebrauchter Militärausrüstung und andere Formen von Militärhilfen, die in Statistiken der Bundesregierung gern vergessen werden. Offizielle Berliner Daten beschränken sich ohnehin auf »Kriegswaffen« im engsten Sinne, während andere Staaten den Export von Rüstungsgütern breiter definieren. Der Gesamtwert der Lieferungen wurde von SIPRI auf 11,5 Milliarden Dollar (8,7 Mrd. Euro) beziffert. Damit konnte die Bundesrepublik ihren Weltmarktanteil am Handel mit konventionellen Waffen von sieben auf zehn Prozent steigern. Nur noch die USA mit einem Anteil von 31 und Russland mit 25 Prozent liegen vor den deutschen Rüstungsschmieden. Bei den Importeuren steht China mit elf Prozent zwischen 2004 und 2008 an der Spitze, gefolgt von Indien mit sieben Prozent.

Weltweit stieg der Waffentransfer gegenüber dem Zeitraum 1998 bis 2003 um 21 Prozent. Vor allem Richtung Nahost sind die Zuwachsraten überdurchschnittlich hoch. 38 Prozent mehr Kriegsgüter wurden dorthin exportiert. Hauptabnehmer waren die Vereinigten Arabischen Emirate, inzwischen weltweit drittgrößter Importeur »herkömmlicher« Waffen, Israel und Ägypten. Erst vor wenigen Wochen wurde ein Antrag auf den Stopp deutscher Rüstungsexporte in den Nahen Osten durch den Bundestag abgelehnt. Und das, obwohl die Exportrichtlinien der Bundesregierung Waffenlieferungen in Krisenregionen und an Staaten, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich zeichnen, eigentlich verbieten.

57 Prozent aller deutschen Rüstungslieferungen gingen in den vergangenen fünf Jahren an europäische Abnehmer, hier haben sich die Exporte sogar mehr als verdoppelt. Wichtigste Importeure unter den von SIPRI aufgelisteten 47 Abnehmern waren die Türkei mit einem Anteil von 15,2 Prozent und Griechenland mit 12,9 Prozent, gefolgt von Südafrika (12,4) und Südkorea (7,5). Deutsche Exportschlager sind vor allem Panzer vom Typ Leopard-2A4 sowie zum Teil auch in Lizenzproduktion im Ausland gefertigte U-Boote vom Typ 214.

Der zuständige SIPRI-Experte Mark Bromley geht mit Blick auf die u.a. geplanten Verkäufe von U-Booten an Italien, Griechenland und Portugal oder von Panzern an Brasilien davon aus, dass der deutsche Waffenexport auch künftig bedeutsam bleibt. Allein 2007 wurde in Berlin die Ausfuhr von Kriegswaffen im Wert von 8,7 Milliarden Euro genehmigt; 13 Prozent mehr als 2006, wie es im Rüstungsexportbericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) heißt. »In einer Zeit, die nach gemeinsamen Lösungen für globale Probleme ruft, stellt der blühende Waffenhandel eine Vergeudung von Ressourcen dar, die sich die Welt nicht leisten kann«, betonte gestern Poul Holtom, Chef des SIPRI-Waffenhandelsprogramms. DIE LINKE fordere deshalb »ein sofortiges Verbot sämtlicher Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete, rechtsverbindliche Regelungen und konsequente Kontrollen«, so Inge Höger, abrüstungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion. Die Finanzierung dieser Geschäfte über Steuergelder und Hermesbürgschaften müsse ein Ende haben.

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