Ozeanflieger auf dem Müggelsee

Spektakuläre Landung vor 77 Jahren / Broschüre und Ausstellung zur Dornier in Friedrichshagen

  • Barbara Staacke
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Landung der Do-X auf dem Müggelsee sorgte vor 77 Jahren für viel Aufregung.
Die Landung der Do-X auf dem Müggelsee sorgte vor 77 Jahren für viel Aufregung.

Diesen Tag wird Heinz Sack so schnell nicht vergessen. Wie Tausende andere Zaungäste, die sich an den Ufern des Müggelsees drängen, wartet er auf die Ankunft des weltweit größten Luftschiffes. Es ist der 24. Mai 1932. In Friedrichshagen stehen die Menschen auf Balkonen und Dächern. Auf dem Wasser wimmelt es von Dampfern und Sportbooten. Darunter befinden sich auch der vierjährige Werner Zimmermann und dessen Eltern. »Diese Sensation wollte sich niemand entgehen lassen«, sagt der heute 81-Jährige.

»Die Spannung wuchs, als um 18.30 Uhr Propellergetöse ertönte. Und als aus der dunklen Wolke das gigantische Flugboot vom Himmel schoss, wollte der Jubel kein Ende nehmen«, ist am folgenden Tag im Lokalanzeiger zu lesen. »Motorboote hupten und Dampfersirenen heulten«, erinnert sich Werner Zimmermann. Die aus New York kommende zwölfmotorige »DO-X-D-1929« benötigte für den Flug sage und schreibe 52-einhalb Stunden. Nach Umrundung des Sees legte Pilot Christiansen vor der Ausflugsgaststätte »Rübezahl« an und hob erst am 23. Juni wieder ab. Das sonst so stille Örtchen Friedrichshagen wurde in diesen Tagen zum Wallfahrtsort. »Die Besucher kamen in Scharen, um vom Ufer aus, den Riesenvogel aus Metall zu bestaunen und waren stolz, wenn sie ein Ticket ergatterten, um das Innere des Ozeanfliegers betrachten zu können«, sagt Rolf Kießhauer.

Der Ortschronist hat die Ereignisse rekonstruiert und in einer soeben erschienenen Broschüre zusammen gefasst. Die technischen Details, Postkarten und Dokumente lieferte Ingenieur Andreas Horn, der sich seit Jahren mit der Do-X befasste.

Natürlich beschäftigte die Forscher auch der Grund für die Landung des Wasserflugzeuges auf dem Müggelsee. »Von Berlin aus sollte eine Direktflugverbindung über den Atlantik nach New York hergestellt und ein Hafen für Wasserflugzeuge gebaut werden«, sagt Rolf Kießhauer. Das Gelände rund um den Müggelsee war bereits aufgekauft. Doch die rasante technische Entwicklung machte den Plänen einen Strich durch die Rechnung. Leichte, kostengünstigere und vom Wasser unabhängige Flugzeuge erfüllten besser den Zweck. Und so erledigte sich das Vorhaben. Die Do-X fand später ihren Platz in der Luftfahrtsammlung. Als die Briten 1944 das Museum bombardierten, ging der Ozeanflieger in Flammen auf.

Im neuen Friedrichshagener Heft, Nr. 62, das im Antiquariat Brandel erhältlich ist, lassen die beiden Autoren die Landung des Flugschiffes, in dessen Folge die gesamte Schifffahrt erlahmte, aufleben. Das von den Dornier-Werken am Bodensee erbaute monströse Flugschiff mit jeweils 700 PS auf den Tragflächen war stolze 40 Meter lang, 48 Meter breit und zehn Meter hoch. Es konnte neben Fracht und Post immerhin schon 170 Passagiere aufnehmen und 175 Kilometer pro Stunde fliegen.

Mehr darüber erfahren Interessierte bis zum 15. Mai in einer Ausstellung im Antiquariat Brandel, Scharnweberstraße 59. Öffnungszeiten: 9. und 10. Mai, jeweils 10 bis 17 Uhr, Mi. bis Fr. 12 bis 18 Uhr.

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