Ein Konflikt. Fabelhaft

galerie ada Meiningen: Zusammenklang der Künste

  • Ralf-Michael Seele
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Ganzheitlichkeit ist ein in Mode gekommener Begriff. Kulturelle Angebote, die mit ihm Ernst machen, finden sich in unserer hochgradig gespaltenen Gesellschaft dagegen noch zu selten. Die Ausstellung »Kompositum Fabel« in der Städtischen galerie ada Meiningen gibt dafür ein Beispiel. Über die Fabel als thematische Klammer werden Ausdrucksweisen der Kunstgattungen Literatur, bildende Kunst, darstellende Kunst und Musik miteinander verknüpft. Das Projekt erreicht bei aller Individualität der einzelnen Angebote einen inneren Zusammenklang, ein stimmiges Rund. Und dem Besucher bieten sich unterschiedlichste Zugangsweisen zur Fabel.
Der Fabeldichter und -theoretiker Wilfried Liebchen aus Unterfranken arbeitet seit vielen Jahren daran, die ungebrochene Aktualität der Fabel als literarische Form auch unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen unter Beweis zu stellen. Er will die von Literaturwissenschaftlern für die heutige Zivilisation totgesagte Fabel wieder zu einer lebendigen und Orientierung bietenden Kunstform aufleben lassen. Als Mitstreiter gewann er den Maler und Grafiker Klaus Jürgen Prohl aus Baden-Würtemberg. Er stellt den zeitgenössischen Fabeltexten unserem heutigen Weltempfinden entsprechende Bildkompositionen zur Seite. Die klassischen Fabelillustrationen verwandelte er in eigenständige Fabelbilder. Er entwickelte dafür holografisch anmutende Umcollagen auf bedeutungsgeladenem Silbergrund. Neben den Fabelbildern zeigt Klaus Jürgen Prohl grafische und plastische Werke, die dem Betrachter das Silberfeld, das aus allen Fabelbildern schimmert, als Teil eines individuellen visuellen Weltbildes erschließen helfen. Zu sehen sind Bild vor Silberfläche und Text auf schwarzem Grund, einzeln wie auch in »Kompositum«. Das Silberfeld spiegelt die Flachheit des »Zeitgeistes«. Das Schwarz symbolisiert den Urgrund von Anspruch und Argument. Beides steht für das Wirken von Polen, zeigt Widersprüche und verstärkt das farbige Spiel der Kräfte. Denn die Seele der Fabel ist der Konflikt. Ihn zu verdeutlichen, eben auf »fabelhaft« anschauliche Weise, und zu entschärfen, ist ihre Aufgabe. Der strenge Rhythmus der in silbernen Rahmen und Passepartouts eingefassten Bild-Text-Kombinationen wird von farbigen, kalligrafisch anmutenden Pinselspuren unterbrochen - Bildfindungen zu »Reineke Fuchs« - wobei der Dichter Wilfried Liebchen zugleich auch als Maler »auftritt«.
Entsprechend interdisziplinär und themenbezogen das Begleitprogramm. Es schließt über das Künstlergespräch mit Klavierimprovisationen von Wolf Günter Leidel auch die Musik sowie über einen Bänkelsang die darstellende Kunst mit ein. Mit der Rezitation des Bänkelsangs »Die Moritat vom Scheintod der Fabel in vier Gesängen« wurde die Ausstellung eröffnet (und wird ebenso beendet) - der Schauspieler Bernhard Karl Jung wurde auf der Geige von Stefan Sack begleitet. Geschrieben hat den Bänkelsang der ausstellenden Fabeldichter Liebchen.
Städtische galerie ada Meiningen, Dresdner Bank Meiningen: ...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.