Der rote Mann mit der blauen Jacke

Helmut Scholz darf als Spitzenkandidat der märkischen Linkspartei für die Europawahl gelten / Seine Tochter studiert in Großbritannien Psychologie

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Brandenburg – Der rote Mann mit der blauen Jacke

In der Potsdamer Alleestraße liegen die Landeszentralen von SPD und Linkspartei nur einige Schritte voneinander entfernt. Auf Höhe der Eingänge hängen Wahlplakate zur Europawahl. Abgebildet sind die Kandidaten Norbert Glante (SPD) und Lothar Bisky (Linkspartei). Wäre nicht ein Ast im Weg, sähe es aus, als ob sie sich fixieren.

Weil der langjährige Brandenburger Bisky inzwischen in Sachsen gemeldet ist, darf ein anderer als Spitzenkandidat der märkischen Sozialisten für die Abstimmung am 7. Juni gelten: Helmut Scholz aus Zeuthen. Gestern stellte er sich in der Alleestraße vor. Der heute 54-Jährige machte 1972 sein Abitur in Königs Wusterhausen, studierte ab 1974 in Moskau Internationale Beziehungen, arbeitete anschließend im DDR-Außenministerium und von 1983 bis 1986 auch in der Botschaft in China. Seit 1990 kümmert sich Scholz im Karl-Liebknecht-Haus um die internationalen Beziehungen. Er sitzt im Vorstand der Europäischen Linkspartei.

Scholz belegt Platz acht auf der Liste seiner Partei. Damit sieht es gut aus für ihn, denn grob gerechnet reicht ein Prozent für ein Mandat. Die LINKE strebt ein Ergebnis von zehn Prozent plus X an. Aber selbst wenn sie das nicht schaffen würde – Umfragen versprechen derzeit acht Prozent. Scholz ist optimistisch. Er könnte sich vorstellen, im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten oder in dem für Außenhandel tätig zu sein. Den Handelsausschuss leitet derzeit noch der Hennigsdorfer Sozialist Helmuth Markov, der nicht wieder antritt. Durch Markovs Vorbild seien die Trauben hoch gehängt, meint Scholz. Er möchte jedoch versuchen, es mindestens so gut zu machen und für ein »friedliches, soziales und demokratisches Europa« streiten. Die Ankündigung des Fraktionschefs der Sozialdemokraten, den Bund mit den Konservativen beenden zu wollen, nahm Scholz interessiert auf. »Wir stehen für eine rot-grüne Mehrheit zur Verfügung.«

Landesparteichef Thomas Nord legte dar, dass die LINKE in Brandenburg zur EU-Wahl einen Aufwand treibe wie wohl keine andere Partei. 50 000 Zeitungen sowie 380 000 Flug- und Faltblätter werden verteilt, 20 000 Plakate gehängt. Es gibt zahlreiche Termine, darunter am 5. Juni um 11 Uhr eine Kundgebung in Eisenhüttenstadt. »Ich glaube, dass wir erfolgreich sein werden, und ich bin mir sicher, dass wir an das gute Ergebnis der PDS anknüpfen können«, versicherte Nord. Die märkische PDS erzielte bei der Europawahl vor fünf Jahren 31 Prozent und hatte damit im Bundesland erstmals die Nase vorn. Die jüngste Umfrage verspricht im Landesmaßstab 23 Prozent. Nord hält die Zahl aufgrund des geringen Interesses an der Abstimmung aber für »wenig belastbar«.

Zum Gespräch erschien Scholz gestern übrigens mit einer Jacke in der Europafarbe blau. Extra zugelegt hat er sich die Jacke nicht. »Die habe ich schon lange.«

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