Renaissance der Relegation

Comeback des Nervenspiels nach 18 Jahren

  • Lesedauer: 2 Min.

»Sie waren mörderisch«, erinnert sich Klaus Thomforde an die drei »Schicksalsspiele« im Jahr 1991. Mit dem FC St. Pauli musste der Torwart als Drittletzter der Bundesliga in die Relegation gegen Zweitligist Stuttgarter Kickers. »Es lastete ein immenser Druck auf uns. Wir Spieler trugen die Verantwortung für den ganzen Verein. Als wir in Rückstand gerieten, waren wir wie gelähmt«, beschreibt Thomforde das Ende. Die Hamburger verloren nach zwei Unentschieden das Entscheidungsspiel mit 1:3.

St. Pauli kehrte in den folgenden 18 Jahren noch zweimal ins Fußballoberhaus zurück. Eine Relegation musste der Verein dafür nicht mehr überstehen. Er war der letzte Klub, der auf diesem Weg seine Zugehörigkeit zur 1. Bundesliga verlor, denn ab der Saison 1991/1992 wurde die Relegation gestrichen. Die Eingliederung der Vereine aus der DDR-Oberliga war vorrangig.

Heute startet die Renaissance der Relegation, ohne die Energie Cottbus bereits für die 2. Liga planen müsste. Die Nürnberger wären hingegen direkt aufgestiegen und müssten keine Extrarunde drehen. Die Statistik spricht für die Lausitzer. In den zehn Relegationsduellen zwischen 1982 und 1991 siegte siebenmal der Erstligist. Thomforde glaubt trotzdem an einen Vorteil für die Franken: »Cottbus hat mehr zu verlieren und Nürnberg eine positivere Saisonbilanz.« Immerhin habe Energie noch gegen Leverkusen gewonnen und somit nicht ausschließlich einen Negativtrend in den Köpfen.

Die Wiedereinführung der Relegation hatte vor allem finanzielle Gründe. Vier weitere Spiele zwischen erster, zweiter und dritter Liga bedeuten 360 Minuten Fußball mehr, die an die Fernsehsender verkauft werden können. »Die Relegation wird die Spannung erhöhen und zu mehr Einnahmen führen«, begrüßte Heribert Bruchhagen, Chef von Eintracht Frankfurt, die im Jahr 2007 getroffene Entscheidung. Für Thomforde bleibt die Spannung das Wichtigste: »Es elektrisiert die Fans, und das lohnt sich für den Fußball. Auch wenn es für mich eine Riesenbelastung war.« oh

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