Früh übt sich

Ballettschule Berlin mit Gala zum »50-Jährigen«

Das war Ballett an der, nie: von der Stange. So könnte man zusammenfassend über die Gala der Staatlichen Ballettschule Berlin zu ihrem 50-jährigen Bestehen in der Staatsoper Unter den Linden sagen. Das Excercise »Früh übt sich...« von Stefan Lux, einst selbst Tänzer an diesem Traditionshaus, und dem langjährigen Schulchef Martin Puttke, nun Aalto-Theater Essen, beginnt an der Stange und mit den Jüngsten der regulären Ausbildung. Die noch Jüngeren aus der Kinderklasse kommen dann im großen Schluss-Defilee mit auf die Bühne. Schon diese über Jahre bis Jahrzehnte obligatorische lange Eingangs-Darbietung der Schuljahres-Abschluss-Gala, die der wunderbar farbigen »LArlesienne«-Suite des jungen Bizet folgt, ist ein kleines Kunstwerk für sich: Übergang vom Training, vom Üben zur fertigen künstlerischen Darbietung in immer neuen Variationen des Solo-, Paar-, gemischten Gruppentanzes. Diese Ausbildungsstätte hatte von Anfang an gute Lehrer, vor allem nach der Gründung viele Vertreter der großen russischen Balletttradition. Aber auch choreografische Talente unter den Dozenten haben sich immer wieder ausgeprägt, so dass man stets auf attraktive Eigenproduktionen mit Ziel-Motivation hin arbeiten konnte. So kam 1989 überaus fantasievoll der »Karneval der Tiere« nach der Musik von Saint-Saens heraus, wie ihn Lux kindgemäß sah. Und der ist taufrisch wieder einstudiert worden. Hier hat Kostümbildnerin Nancy Torres ganze Arbeit geleistet. Der Schwan stirbt diesmal nicht, sondern tanzt in aller Schönheit (Marin Lorenz, 6. Ausbildungsjahr). Dafür hat der Tanz des Kuckucks (Martin Schirbel, gleiche Klasse) Momente des Tragischen, freilich mit einem Augenzwinkern. Das Kuckucksei gelangt just in den Rachen des Krokodils ... In all dem bunten Treiben hat auch Jonglerie ihren Platz. Das ist Sache von Jochen Franke. Er ist im 1. Ausbildungsjahr - aber an der Schule für Artistik. Die kam bald nach der Wende, die Verunsicherungen bis zur letztendlichen Rettung beider Schulen brachte, mit der Ballettschule unter ein gemeinsames Dach: Zusammenfassung zweier Unikate, die sich in diesem Ausnahmefall auch mal künstlerisch ergänzen. Nicht weniger als sieben Pädagogen, einschließlich des Künstlerischen Leiters Jaakko Helkavaara (Finnland), und ein Gast - Mario Perricone - haben das alles wieder einstudiert. Perricone gehört zu den knapp tausend bisherigen Absolventen. Vor zwei Jahrzehnten war er fertig geworden, nun wartete er mit Angela Reinhardt, Beate Vollack und Gregor Seyffert im zweiten Teil mit Solodarbietungen auf. Angela Reinhardt (Komische Oper Berlin) zeigte in der Uraufführung »Spiegel im Spiegel« (nach Klängen Arvo Pärts) fast so etwas wie Gefesseltsein an die Ballettstange. Und reizvoll kontrastierte die traditionelle Choreografie von Jean Coralli/Jules Perrot für die anmutige Solovariation der Giselle aus Adolphe Adams gleichnamigem Ballett (Sarah Mestrovic, 6. Ausbildungsjahr) mit der modern heiteren Sicht von Mats Ek auf den Pas de deux aus dem 1. Akt mit Absolventin Beate Vollack, die ihren Partner Norbert Graf vom Bayerischen Staatsballett mitgebracht hatte. Die zweite Uraufführung des Abends mit Schülerinnen vor allem des 7. und 8. Ausbildungsjahres war letztlich eine Gemeinschaftsarbeit von Dozentin Tamar Ben-Ami mit den Solotänzerinnen zum Thema Weiblichkeit heute: »Flamma« mit einer wirklich entflammenden Dominique Rosales. Sie gehört zu den 40 Schülerinnen und Schülern aus 19 Staaten des Auslandes unter insgesamt derzeit 219. Die Inkarnation des klassischen Balletts ist Tschaikowskis »Schwanensee«. Seit 1958 haben die Eleven der Schule in der Staatsoper immer wieder das Corps de ballet verstärkt. Nun aber haben sie selbst den 2., den »weißen« Akt mit der Schwanen-Pracht zu bieten. Poesie und Präzision gehen hier Hand in Hand. Als Orchester begleitete übrigens das Landesjugendorchester Brandenburg unter dem jungen Staatskapellmeister Sebasti...

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