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AWACS und die Wahrheit

  • Norman Paech
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach jüngsten Umfragen sind 61 Prozent der Bevölkerung für einen Rückzug der deutschen Truppen aus Afghanistan. Am Donnerstag stimmten 82,8 Prozent der Abgeordneten im Bundestag für eine Verschärfung des Krieges durch den Einsatz von AWACS. Waren die Tornados für die Aufklärung im Bodenkrieg notwendig, so sind es die AWACS für die Luftaufklärung.

Da geht es nicht nur um die Regelung des Zivilluftverkehrs, mit der uns das Verteidigungsministerium lange Zeit den Einsatz schmackhaft machen wollte. Die neue Strategie der Amerikaner erfordert vor allem die AWACS. Die USA schicken nicht nur über 20 000 neue Bodentruppen in den Kampf, sondern rüsten sie mit schwerem Gerät aus: Kampfhubschrauber, Kampfjets, Drohnen.

Damit wachsen die Anforderungen an die Luftüberwachung, denn die Luft-Boden-Operationen werden erheblich zunehmen – und die Bundestagsmehrheit ist glücklich, ihre schwindende Legitimation hinter der Obama-Strategie zu verstecken.

Wenn schon der »Stern« findet, dass sich mit Ausnahme der Linkspartei die gesamte deutsche Politik an einer unerträglichen verbalen Schönfärberei in Sachen Afghanistan beteiligt und die Bundesregierung endlich aufhören solle, um diesen Kriegseinsatz der Bundeswehr herumzulügen, muss sich auch die Regierung von alten Klischees trennen. Die Brunnen bohrenden, Schulen bauenden und Demokratie bringenden Soldaten sind weitgehend aus der Propaganda verschwunden.

Bald wird die Regierung auch keine Probleme mehr mit dem Begriff »Krieg« haben, wenn man dem Ruf der USA nach mehr Soldaten folgen muss. Die Opfer werden steigen – Wer zählt die afghanischen? –, Zerstörung und Vertreibung werden den Wiederaufbau immer mehr Lügen strafen. Und irgendwann werden die Regierungen begreifen müssen, dass ihre Soldaten im fernen, unbegriffenen Afghanistan als Besatzer angesehen werden. Dann sollten sich unsere Kriegspolitiker an jene Wahrheit erinnern, die bereits 1793 Maximilien Robespierre gekannt hat: »Die wunderlichste Idee, die im Kopf eines Politikers entstehen kann, ist die, zu glauben, es genüge, dass ein Volk mit Waffengewalt ins Territorium eines fremden Volkes einbreche, um dieses zur Übernahme der eigenen Gesetze und der eigenen Verfassung zu zwingen. Niemand liebt die bewaffneten Missionare; der erste Rat, den Natur wie Vorsicht geben, ist der, sie als Feinde zurückzuschlagen.«

Unser Rat an die Politiker sollte sein, sich endlich von jenen moralischen und zynischen Verdrehungen der Tatsachen zu trennen und ihr Militär aus Afghanistan abzuziehen.

Dr. Norman Paech ist außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE.

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