Die Grünen wählen – warum?

Steffi Lemke zur Eröffnung des Bundestagswahlkampfes ihrer Partei / Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen will Ökologie und Ökonomie versöhnen

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: Warum sollte man die Grünen wählen, wenn man beispielweise arbeitslos ist, Kriegsgegner oder die Deregulierung der Finanzmärkte falsch findet?
Lemke: Wir stehen vor drei globalen Krisen – Klimakrise, Wirtschaftskrise und Hungerkrise. Die Grünen sind die einzige Partei, die diese im Zusammenhang sehen und lösen wollen. Ökologie und Ökonomie müssen ausgesöhnt werden, und eine friedliche Zukunft ist nur mit globaler Gerechtigkeit zu erreichen.

Hartz IV-Betroffene haben an Lebensqualität eingebüßt, Rot-Grün hat dafür gesorgt. Warum sollten sie die Grünen wählen?
Wir setzen uns für die Erhöhung der Hartz IV-Regelsätze ein, die Große Koalition hat in den letzten vier Jahren nicht mal einen Inflationsausgleich hinbekommen. Die Union und die FDP diskutieren Mittelkürzungen. Wir hingegen wollen eigenständige Regelsätze für Kinder, weil Pauschalbeträge dem Bedarf von Kindern nicht gerecht werden. Rot-Grün wollte Hartz IV anders ausgestalten. Die CDU hat im Bundesrat die Verschlechterungen durchgesetzt.

Die Grünen betonen ihre Wirtschaftskompetenz, während andere Parteien wie Grüne reden. Wie soll man das auseinanderhalten?
Ich sehe keine zweite Partei, die glaubhaft über grüne Themen redet. Welche meinen Sie?

Die CDU hat den Klimaschutz im Programm, Oskar Lafontaine hat hnen auf dem Linksparteitag die Leviten gelesen – Sie hätten die ökologische Frage nicht verstanden.
Allein das Reden macht noch keinen Grünen. Diesen Vorwurf glaubt nicht einmal Oskar Lafontaine. Es gibt nur eine Partei, die konsequent ökologische Politik macht – und das sind die Grünen.

Die Grünen hadern nicht, dass andere ihnen die Themen klauen?
Mir klaut niemand was. Es gibt uns nur einmal. Rhetorik macht noch keinen Grünen, das kann man ja von der CDU bis zur Linkspartei sehen.

Wie ernst sind Grünen-Wahlvorhaben zu nehmen? Immerhin gab es einen Göttinger Parteitag, der den Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen in Afghanistan ablehnte; jetzt hat die Mehrheit der Grünen im Bundestag für den AWACS-Einsatz gestimmt.
Die Frage der Auslandseinsätze wird bei den Grünen ein Streitpunkt bleiben. Auch darin unterscheiden wir uns von den Parteien, die ihr Amen schon gesprochen haben oder für den simplen Sofortabzug plädieren. Wir wollen einen Strategiewechsel, der den zivilen Aufbau in den Vordergrund stellt. Und ich hoffe darauf, dass die neue US-Regierung nun endlich in diese Richtung geht.

Was soll AWACS da beitragen?
Ich bin nicht wie andere der Meinung, dass AWACS das kann. Aber ich finde auch, dass es in dieser Situation ein Unterstützungssignal für die Obama-Administration geben sollte. Alles, was die Lage der Menschen in Afghanistan verbessern kann, muss getan werden.

Die Grünen wollen regieren. Die Frage ist wie – also mit wem?
Wir wollen Schwarz-Gelb verhindern und die Große Koalition ablösen. Und wir haben auf unserem Parteitag klar gesagt, dass wir eine Jamaika-Koalition ausschließen. Die größten Übereinstimmungen gibt es mit der SPD, das ist klar. Aber bei deren Schwäche braucht es einen dritten Partner, um ein Weiter-so zu verhindern. Die Linkspartei soll endlich Farbe bekennen, ob sie Regierungsverantwortung im Bund übernehmen will.

Fragen: Uwe Kalbe

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