Zum Henker mit dem Henker

Protest gegen Nazikneipe in Niederschöneweide

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit braunem Flair – Kneipe in der Brückenstraße 14
Mit braunem Flair – Kneipe in der Brückenstraße 14

Der rechte Szenetreff »Zum Henker« in der Brückenstraße 14 in Niederschöneweide sorgt für Aufregung. Bezirksbürgermeisterin Gabriele Schöttler (SPD) hat vor wenigen Tagen dem Vermieter, einem Privatmann aus Erlangen, einen Brief geschrieben. »Ich habe ihn aufgeklärt, was für einen Mieter er hat und ihn gebeten, dass die Gaststätte nicht länger als Treffpunkt der Rechtsextremen fungiert«, sagt sie.

Der »Henker« wurde erst in diesem Jahr eröffnet und ist nach Angaben des Bündnisses für Demokratie und Toleranz in Treptow-Köpenick ein Treff des militanten Kerns der rechten Szene geworden. Laut dem Bezirksverordneten Hans Erxleben (LINKE) würden sich hier auch Angehörige der Kameradschaft »Frontbann 24« treffen, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und deren Verbot der Innensenat derzeit prüft. Die Polizei hat seit März im Zusammenhang mit dem »Henker« sechs Strafverfahren eingeleitet, wegen Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Verstoß gegen das Waffengesetz und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, sagt Polizeisprecher Frank Millert.

Besonders drastisch erleben Gewerbetreibende mit Migrationshintergrund in der Brückenstraße den rechten Terror im Kiez. Mehrere Betroffene berichten von eingeritzten Hakenkreuzen oder NPD-Aufklebern auf ihren Schaufensterscheiben, von Flaschen, brennenden Zigarettenkippen und Müll, die regelmäßig in oder vor den Laden geworfen werden. Geschäftsgrundlage für ein Gespräch mit ND: Weder Name noch Nationalität noch Geschlecht der Gewerbetreibenden darf in der Zeitung stehen. Der Einfachheit halber steht hier für alle die männliche Form.

So sagt ein Betroffener mit nichtdeutschen Wurzeln: »Jeden Freitag machen sie Veranstaltungen im ›Henker‹. Und jeden Freitag kommen Leute in meinen Laden und sagen, ich soll aus der Brückenstraße verschwinden.« Hinter seinem Ladentisch hat er eine Hand voll Visitenkarten von Kunden und benachbarten Geschäften. »Die haben mir alle Hilfe angeboten, wenn die Polizei nicht schnell genug kommt«, sagt er. Und ein anderer Nachbar: »Seit es den ›Henker‹ gibt, werden Hakenkreuze an meinen Laden geschmiert und Müll davor abgeladen.«

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hat der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi (LINKE) sein Wahlkreisbüro. Bei ihm habe es in den letzten Monaten jedoch keine Vorfälle gegeben, sagt sein Mitarbeiter André Schubert. Im vergangenen Jahr waren von rechten Anwohnern mehrfach Fensterscheiben eingeschlagen worden. Gäste wurden mit rohen Eiern beworfen oder bespuckt und das Büro mit NPD- und DVU-Aufklebern beschmutzt.

»Wir wollen verhindern, dass sich rechtsextreme Strukturen in Schöneweide verfestigen und die Anwohner terrorisiert werden«, sagt Hans Erxleben. In Vorbereitung sei deshalb ein Brief an die Anwohner, um sie über die Kneipe aufzuklären und sie zu ermutigen, Straftaten anzuzeigen. Das Bündnis hat nach eigenem Bekunden in den letzten Jahren bereits zweimal rechte Szenetreffs aus der rechten Hochburg Schöneweide zerschlagen können. Hans Erxleben: »Wir haben die Vermieter über ihre Mieter aufgeklärt. In einem Fall haben wir sogar den Bierlieferanten angeschrieben.« Danach wurde den Rechten der Bierhahn abgedreht. Einzige Zeit später musste der Treff schließen.

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