Berlin: Stauffenberg als Gelöbnis-Ikone

Proteste gegen Bundeswehr-Spektakel / Konservative rufen auf zum »Schienbeintreten« gegen Links

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
In Berlin legten gestern – zum 65. Jahrestag des Attentats gegen Hitler – vor dem Berliner Reichstagsgebäude rund 400 Bundeswehr-Rekruten ihr Gelöbnis ab. Um das militärische Spektakel abzuschirmen, waren 1600 Polizisten aufgeboten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Franz Josef Jung – beide CDU – hatten Ansprachen angekündigt. Und antimilitaristische Gruppen ihren Protest. Während die Boulevardpresse bereits Tage zuvor »Chaoten« angreifen sah, nahmen vor allem junge Leute, die zum »GELÖBNIX« gekommen waren, Anleihen bei einem Elektro-Handelskonzern. Auf ihren T-Shirts war zu lesen: »Für Vaterland und Ehre – ich bin doch nicht blöd!«

Die Linksfraktion im Bundestag und andere Parteigremien boykottierten das Zeremoniell. Sie unterstützen die antimilitaristischen Proteste. Denn, so die Abgeordnete Ulla Jelpke: »An diesem Gelöbnis ist einfach alles falsch: Die Wahl des Ortes, die Wahl des Datums und nicht zuletzt die ›Feierlichkeit‹ selbst.« Von Konservativen werden die Putsch-Offiziere um Stauffenberg weiter vereinnahmt. »Schienbeintreten« gegen Links ist angesagt. Auf einer sicherheitspolitischen Website liest man: »Erst waren die Verbrechen ›der‹ Wehrmacht im Visier, dann erklärte ein rot-rot-grünes Bündnis alle Angehörigen der Legion Condor zu Verbrechern ... Dann kam folgerichtig die Rehabilitierung der Deserteure und Landesverräter der Wehrmacht. Jetzt geht es also gegen die Bundeswehr. Linke Parlamentarier werden sich vorläufig bedeckt halten, soweit es um physische Gewalt geht. Aber was Gysi, Struck und Joschka Fischer in der Kampagne gegen Werner Mölders getrieben haben, ist bösartiger als jeder Tritt gegen das Schienbein, den man notfalls erwidern kann (und darf).« Autor: Hermann Hagena. So heißt ein Ex-Bundeswehrgeneral und Biograf von Hitlers Jagdflieger-Ass Mölders.

Widersprüchliches wird aus Afghanistan gemeldet. Am Sonntag hieß es, die Bundeswehr habe zwei Zivilisten erschossen; die Zahl wurde am Montag zunächst auf drei, dann auf ein Opfer korrigiert. Seit Beginn der deutschen Auslandseinsätze 1992 kamen 81 Soldaten um, 109 wurden verletzt. Offiziell ist die Bundeswehr nicht im Krieg. Dennoch informiert die Führung ihre Soldaten neuerdings über Versicherungsmöglichkeiten gegen »passives« und »aktives Kriegsrisiko«.

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