Der kahle Riese wartet

Vor letztem Bergritt gewinnt Mark Cavendish seine fünfte Etappe

  • Tom Mustroph, Aubenas
  • Lesedauer: 3 Min.

Die oberste Stufe des Podestes der Tour de France ist vergeben. Zu groß ist der Vorsprung von Alberto Contador auf seine Konkurrenz. Zu stark hat er sie dominiert, als dass der samstägliche Aufstieg zum kahlen Riesen der Provence an der Sonderstellung des Spaniers etwas ändern könnte. Er hat sich in seinem Astana-Rennstall durchgesetzt und sowohl Lance Armstrong als auch Andreas Klöden auf Distanz gehalten. Die Schleck-Brüder Andy und Fränk konnten ihn auch nie gefährden.

Sie wollen es, gewiss. »Alberto hatte auch Paris – Nizza so gut wie gewonnen. Doch dann ist er auf einer Schlüsseletappe eingebrochen. Wir hoffen auf einen erneuten Fehler«, meint Fränk Schleck. Doch der ältere der beiden Brüder hat seine Augen nicht mehr auf die oberste, sondern die dritte Stufe des Podestes gerichtet. Die nimmt noch Lance Armstrong ein. Der US-Amerikaner will sie nicht nur vor den nachrückenden Fahrern verteidigen, er will sogar auf Platz zwei. »Wir erwarten, dass Saxo-Bank angreift, um beide Schlecks aufs Podium zu bekommen. Tun sie das nicht, dann werden wir attackieren«, verspricht Wjatscheslaw Jekimow, sportlicher Leiter bei Astana. »Leider sind unsere Chancen etwas gesunken, drei Mann auf dem Podium zu platzieren. Aber wir haben dieses Ziel dennoch nicht aufgegeben.«

Saxo-Bank hält sich noch bedeckt. Andy Schleck ist auf dem zweiten Platz ähnlich sicher wie Contador auf dem ersten. Er wird sich in Lauerposition halten, um bei einem – extrem unwahrscheinlichen – Einbruch Contadors den entscheidenden Schlag landen zu können. Vielleicht wird er auch für seinen Bruder das Feuer anfachen. Fränk muss sowohl den Briten Bradley Wiggins (Garmin) als auch Armstrong überflügeln und zudem auf einen Konter von Andreas Klöden achten. Hilfe seines jüngeren Bruders könnte er dabei gut gebrauchen.

Der Mont Ventoux wird am heutigen Samstag von seiner schwersten Seite angegangen. Aus südwestlicher Richtung, dem kleinen Örtchen Bedoin, werden die 21,1 km mit 6,7 Prozent durchschnittlicher und 10 Prozent Maximalsteigung in Angriff genommen. Der große Eddy Merckx verausgabte sich hier einmal so, dass er künstlich mit Sauerstoff beatmet werden musste. Der Brite Tom Simpson ging an der Anstrengung, einer größeren Dosis Amphetamine und einer halben Flasche Cognac sogar zugrunde. Er starb 1967.

Unmenschlich ist dieser Anstieg aber nicht. Gewöhnliche Sterbliche nehmen alljährlich an einem 24-Stundenrennen teil, das der gewinnt, der den Berg in dieser Zeit am häufigsten erklimmt. Den Rekord hält Jean-Pascal Roux. Er hat vor drei Jahren den Berg elf Mal hintereinander bezwungen. Roux hat allerdings auch Heimvorteil: Er stammt aus Bedoin.

19. Etappe, Bourgoin-Jallieu – Aubenas (178 km): 1. Cavendish (GBR) - Columbia 3:50:35 h, 2. Hushovd (NOR) - Cervélo, 3. Ciolek (Pulheim) - Milram gl. Zeit.

Gesamt: 1. Contador (ESP) - Astana 77:06:18 h, 2. Schleck (LUX) - Saxo-Bank + 4:11 min, 3. Armstrong (USA) - Astana + 5:21.

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